Patron: President of Austria, Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Knowledge, Creativity and
Transformations of Societies

Vienna, 6 to 9 December 2007

<<< Jiddisch auf der internationalen Bühne im 21. Jahrhundert, auf dem Gebiet der Erziehung, Bildung und Kunst

 

WAHLHEIMAT JIDDISCH: "Andere haben ein Heimatland, ich habe wenigstens Jiddisch."

Hans Breuer [BIO]

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ABSTRACT:

Die Themen meiner eigenen jiddischen Lieder gehen von Liebe, Krieg und Frieden über Beschreibungen von Situationen aus der persönlichen Familiengeschichte, Erlebnissen wie etwa sein Zusammentreffen mit einer Gruppe von demonstrierenden orthodoxen Juden auf dem Wiener Hertzl-Platz bis hin zu aktuellen Fragen wie Internet, homo-erotische Beziehungsnöte eines Freundes oder der Überwindung des schlechten Selbstwert-Gefühls. Anders als mein jüdischer Vater Georg, der trotz des Verlustes seiner halben Verwandtschaft und unzähliger Freunde Österreich stets als seine Heimat empfand, den Glauben an den Humanismus nie aufgab und nach sieben Jahren Emigration nach Wien zurückkehrte, um mit den anständigen Menschen in diesem Lande den Sozialismus aufzubauen, fühle ich mich außerhalb der kleinen, abgeschlossenen Welt von Freunden und Vertrauten – durchwegs kommunistische Intellektuelle und Künstler, viele von ihnen Juden – niemals zu Hause.

Aufgewachsen mit der seelischen Bürde, dass meinesgleichen kurz zuvor als Ungeziefer ausgerottet worden waren (bin ich etwa doch ein schlechter Mensch?), als kleines Kind der Trost einer Mutter, die als Widerstandskämpferin von der Gestapo gefoltert wurde und nachts schreiend erwacht, im Kindergarten als "Jud" beschimpft – gab es für mich keine Sozialisierung, keinen Platz in der österreichischen Nachkriegsgesellschaft, in der meine Mutter auf Schritt und Tritt ehemaligen Nazis in Amt und Würden begegnete. Als die Illusion der Arbeiterbewegung sich auflöste, suchte ich weiterhin meine Identität und Identifikation in Lebens- und Arbeitsformen, die sich bewusst außerhalb der Sachzwänge des herrschenden Systems ansiedeln. Zu dieser Zeit – Mitte der siebziger Jahre – begegnete ich dem ersten jiddischen Lied und fühlte sofort eine innere Resonanz von ungeahnter Intensität. Ich begann Tonträger zu sammeln und lernte durch vielmaliges Anhören schließlich einhundertfünfzig jiddische Volks- und Theaterlieder mit allen Strophen auswendig.

Das Singen jiddischer Lieder wurde der wichtigste Weg, um innere Spannungen, Trauer und persönliches Leid vor mir selbst und der Natur auszudrücken und zu bearbeiten. In jiddischen Liedern können meine Gefühle stärker widerhallen, als in irgendeiner anderen Musik bzw. Sprache.

 


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