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Zur Übersetzbarkeit der topographischen Poetologie des slawischen Kulturraumes in Ingeborg Bachmanns Roman Malina
Larissa Cybenko (Lviv / Lemberg) [BIO]
Email: larissa.cybenko@gmail.com
ABSTRACT:
Neben den Spuren diverser kultureller Räume, in denen Ingeborg Bachmann sich kürzere oder längere Zeit aufhielt, gibt es in ihrem Œuvre auch mehrere “imaginäre Landschaften“, über die sie literarisch reflektiert – wie z.B. den historischen und kulturellen Raum der ehemaligen Donaumonarchie mit seinem Zentrum Wien und den slawischen Randgebieten. Der mittel-, ost- und südeuropäische Vektor ihrer schöpferischen Intentionen, ihrer literarischen, kulturgeschichtlichen und philosophischen Interessen hatte neben den westeuropäischen Dimensionen ihrer Texte eine enorm große Bedeutung. Er bewirkte in ihrem Schaffen das Entstehen der „geistigen Landschaften“ der slawischen Welt, die dem Bereich der Innerlichkeit gehören.
Im Rahmen der topographischen Poetologie weist der Text des Romans Malina mehrere Bezüge zur slawischen Kulturwelt auf, mit der sie im Rahmen ihrer literarischen und publizistischen Arbeit unmittelbar in Berührung kam – durch die Rezeption des Schaffens von Lev Tolstoi, F. Dostojevski u.a.), oder die sie auf den Umwegen, über das Werk anderer, für sie wichtiger Autoren (P. Celan, R. M. Rilke, J. Roth) kennen lernte. Wichtig für die Annäherung der Autorin an die Geistigkeit der slawischen Welt sind auch persönliche Beziehungen mit einigen Dichtern und Schriftstellern aus dem mittel- und osteuropäischen Raum, wie. z.B. mit W. Gombrowicz und A. Achmatova. So kommt es bei Ingeborg Bachmanns einerseits zu konkreten literaturgenetischen Kontakten zu den Denkweisen und Poetologien der Autoren aus dem slawischen Kulturraum, die durch Übereinstimmungen im Text ausgewiesen sind. Andrerseits gibt es typologische semantisch-strukturelle Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen. Im Rahmen einer Topographie der kulturellen Vielfalt bewegt sich auch die Herausbildung des Bachmannschen Identitätsraumes. Das für ihr ganzes Werk so wichtige Dilemma zwischen „raison“ und „coeur“ findet zu einer Auflösung an einem Ort, den sie im slawischen Kulturraum platziert.
In meinem Beitrag beabsichtige ich den Text des Romans Malina als Schnittpunkt kultureller Verflechtungen zu analysieren, um kulturgeschichtliche Kenntnisse über die Präsenz der Topoi der slawischen Geistigkeit und der slawischen Kulturwelt in ihm zu gewinnen. Dabei sollen sowohl direkte Einflüsse (wie im Fall von Lev Tolstoj, F. Dostojevski und den Autoren der russischen Moderne) als auch einige frappierende Übereinstimmungen zwischen den Denkweisen und Literaturphänomenen bei Ingeborg Bachmann und den Autoren aus dem slawischen Kulturraum als konzeptuelle Strukturen nachgewiesen und ihre Berücksichtigung beim Übersetzen des Romans hervorgehoben werden.
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