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Verhandlung und Reflexion: Tabu(rück)bildung zwischen Literatur und Kultur
Anja Gerigk (LMU München)
Email: anja.gerigk@germanistik.uni-muenchen.de
ABSTRACT:
Nach der Funktion heiliger, verbotener Objekte hat sowohl die Ethnologie als auch die freudsche Kulturtheorie gefragt. Dagegen denkt die neuere Tabuforschung der Kulturwissenschaften ihren Begriff konsequent prozessual: Tabus konstituieren sich im prinzipiell dreistelligen Vorgang Tabuisierung – Tabubruch – Sanktion. Daraus folgen, wie der Vortrag darlegen will, neue Möglichkeiten für die Analyse der Interaktionen zwischen literarischen Texten und kontextueller Kultur. Am Beispiel von Elfriede Jelineks Die Kinder der Toten wird erkennbar, dass Literatur trotz aller Kunstfreiheit nicht auf Transgression beschränkt bleibt. Ästhetische Mittel und mediale Dispositionen erlauben es ihr vielmehr, die Dynamik kultureller Darstellungs- bzw. Handlungsgrenzen zu reflektieren. Mit dieser Beobachtungsleistung erfasst sie Prozesse, die sich den Festschreibungen des kodifizierten Rechts entziehen.
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