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<<< Ausnahmezustände in der Literatur aus wissensgeschichtlicher Perspektive
Diaspora und Emergency Design: Designstrategien in den Zonen der Anomie
Yana Milev (HfG Karlsruhe) [BIO]
Email: ymilev@hfg-karlsruhe.de
ABSTRACT:
In ihrer These stellt Yana Milev Emergency Design als ein Modell der situativen Raum- und Kulturproduktion zur Diskussion, das einerseits designstrategische Merkmale aufweist, die parallel mit den Techniken einer äußerst effizienten Lebensraumbewältigung verifiziert werden und das andererseits einen gewissen Accident, einen Unfall im weitesten Sinne zur Bedingung hat. Diese Unfälle sind im Beobachtungsraum explizit politische Unfälle, also Situationen, die Systeme, Einzelpersonen und Netzwerke in einen plötzlichen Sonderzustand versetzen.
The Emergency bzw. State of Emergency ist die angelsächsische Übersetzung für den in der deutschen Rechtslehre geläufigen Terminus des Ausnahmezustands. Der Begriff des Ausnahmezustands wird 1922 in „Die Diktatur“ von Carl Schmitt als Begriff der Souveränitäts- und Staatslehre entworfen. Der Präzedenzfall des modernen Ausnahmezustands als politischer Akt des Staatssouveräns tritt 1933 in Deutschland ein. Mit der Reichstagsbrandverordnung und dem anschließenden Ermächtigungsgesetz wird in einem Ermächtigungsakt postumer Staatswillkür eine Gesetzesnotlage erzwungen und die Diktatur erschaffen. „Alles Recht ist Situationsrecht. Der Souverän schafft und garantiert die Situation als Ganzes in ihrer Totalität.“ Der Fokus liegt hier auf dem Situationsrecht des Staates. Nach dieser Ausarbeitung des Ausnahmezustands kann ausschließlich der (kriegführende) Staat und seine Gesetze in Not geraten.
Vice versa der globalisierenden (kriegführender) Supraraummächte definiert sich radikal ein State of Emergency von „unten“. Dieser kann als neues psychologisches, soziales und ziviles Grundmuster in permanenten Krisenräumen, wie zum Beispiel in prekarisierten und marginalisierten Räumen festgestellt werden. Dieser State of Emergency mobilisiert Aktions- und Risikobereitschaft im Kampf um Raummacht. Er bezeichnet ein Notstands-Dispositiv, das die Not des Mikrotops proportional zu seiner Freiheitsentrechtung (Suspendierung) definiert. Hierbei wird direkt Bezug genommen auf Giorgio Agambens These von der Zone der Anomie.
Im Fokus des Projektes ED steht ein Mensch jenseits von Inhaberschaften des Rechtssubjekts.
Hier wird der Mensch im Bloßen seiner Existenz angesprochen, der Mensch im Kompetenzfeld seines Überlebens, der Anonymus, der Nomade, der illegale Einwanderer. ED ist Migrations- und Brandmanagement „von unten“ wie auch Biopolitik „von unten“, in der Herstellung von Ausnahmeräumen, die sich dem öffentlich-rechtlichen, d.h. dem Politischen entziehen.
Der Design-Begriff basiert auf dem Prinzip einer autonomen Opertationalität, also auf der Selbstermächtigung des Situations-, Aneignungs-, Ausnahme- und Widerstandsrechts im eigenen Lebens- und Gestaltraum.
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