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Räume der Gastlichkeit
Markus Mittmansgruber (Wien) [BIO]
Email: markus.mittmansgruber@gmx.at
ABSTRACT:
Entgegen der Tendenz zur Aneignung und zur finalen Sinn-Fixierung von Toten und Tot-gesagten, von Körpern, welchen man allzu hastig Abwesenheit (als Herausfallen aus der präsenten Gegenwart) attestiert und sie damit in definitiver Vollendung und Abgeschlossenheit sehen will, sollen in meinem Vortrag die ereignishaften Figuren des „Gastes“ (Hans-Dieter Bahr) und des „Gespensts“ (Derrida) befragt werden: Liegt in ihrer unvorhersehbaren, unerwartbaren Ankunft, in ihrer kommenden, unmöglich zu antizipierenden Berührung und vor allem in ihrem Charakter des potentiellen Wiederkommens und des plötzlichen Wieder-Erscheinens nicht ständig die Chance und die Forderung, unsere etablierten Gesetze der Gastfreundschaft (Derrida) und damit die Poren, Kanäle und Kontaktpunkte unserer Körper (Gaststätten, Stätten des Grußes und des Abschieds) zu überdenken und zu überarbeiten? Sind sie in ihrem zufälligen Auftreten nicht unerlässlich, um einen immunisierten, hermetisch-monadischen Körper-Organismus – einen Staat, eine Gesellschaft, eine Bevölkerungsschicht, eine religiöse Gemeinschaft, etc. – vor einer Implosion, vor seinem Kannibalismus zu bewahren?
Denn gerade die Kräfte, welche aus der Ferne, aus der Fremde vom unheimlichen Anderen herkommen, lassen die trennenden Grenzen und metaphysischen Dualismen durchlässig werden, allen voran jene, die das Innen dem Außen der Körper und ihre Präsenz der Absenz entgegensetzen. „Man weiß nicht, was der Körper alles vermag...“, hat Spinoza geschrieben. Es wird zu fragen sein, inwieweit jeder Körper, jeder Diskurs und jeder Diskurs vom Körper lernen muss, sein gastliches Potential im Sinne eines radikalen „Mit-ein-ander-seins“ (Nancy) zu entfalten, um zukünftig mit Besuchern jeder Art (auch und speziell mit den Unheimlichen, den Gespenstern) umgehen zu können.
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