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Markt-Computer-Wesen
Zum Akteurs- und Markt-Begriff der Neoklassik und ihrer Anwendung in mikroökonomischen LehrbüchernWalter Ötsch (Zentrum für Soziale und Interkulturelle Kompetenz und Institut für Volkswirtschaftslehre, Johannes Kepler Universität, Linz) [BIO]
Email: walter.oetsch@jku.at
ABSTRACT:
Der wichtigste neoliberale Ansatz in der Ökonomie ist die allgemeine Gleichgewichtstheorie, vereinfacht und symbolisiert durch ein Angebots-Nachfrage-Diagramm. Sie ist die Basis der modernen Mikroökonomie und wird weltweit in standardisierten Lehrbüchern auf diese Weise unterrichtet. Die gebildete Elite lernt auf diese Weise neoliberal zu denken.
In der mikroökonomischen Gleichgewichtstheorie ist implizit eine Computer-Metapher zu finden – sowohl für die Akteure (Haushalte und Unternehmungen) als auch für die behaupteten Koordinationsprozesse „am Markt“ (der neowalrasianische Auktionator). Diese Denkweise hat sich im Rahmen einer „Cyborgisierung“ des ökonomischen Denkens entwickelt (Mirowski 2002) und ist (gemeinsam mit Rational Choice-Ansätzen) im Kontext der RAND-Corporation als angewandte „warfare science“ entstanden (Amadae 2003).
Im Referat werden
- Elemente der Computermetapher in der Mikroökonomie sichtbar gemacht,
- gezeigt, welche konzeptuellen und internen Schwierigkeiten – inbesondere das Koordinations- und Stabilitätsproblem (Sonnenschein 1972) – mit einer solchen Metapher notwendig verbunden sind,
- welcher Begriff von „Markt“ darin enthalten ist,
- in welcher Weise dieser Begriff in gängigen Lehrbüchern der Mikroökonomie popularisiert wird, und
- Beispiele gebracht, welche Schlussfolgerungen daraus im allgemeinen (wirtschafts)politischen Diskurs gezogen werden.
Literatur
- Mirowski, P. (2002): Machine Dreams: Economics Becomes a Cyborg Science. Cambridge: Cambridge.
- Amadae, S. M. (2003): Rationalizing Capitalist Democracy. Chicago, IL: Chicago University Press.
- Sonnenschein, H. (1972): Market [Excess Demand] Functions. In: Econometrica, 40, H. 3, 549–563.
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