Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007

<<< Übersetzung als Kulturkontakt. Übersetzungsverfahren am Beispiel von Ingeborg Bachmanns Prosa

 

„Simultan“ übersetzen
Zur Übersetzungsproblematik einer mehrsprachigen Erzählung Ingeborg Bachmanns

Giulia Radaelli (Bonn/Florenz) [BIO]

Email: giulia.radaelli@gmail.com

 


 

ABSTRACT:

Ingeborg Bachmanns Erzählung Simultan thematisiert die unlösbare Spannung zwischen Übersetzbarkeit und Unübersetzbarkeit. Es geht dabei um die Möglichkeiten und Grenzen der Übersetzung im Sinne sowohl einer interlingualen als auch einer intersubjektiven Übersetzung. Die Sprache stellt sich in zweifacher Hinsicht als unübersetzbar dar: Zum einen besitzt jede Sprache ihr eigentümliche Ausdrucksweisen und Bedeutungsdimensionen, für die es in anderen Sprachen keine äquivalenten Entsprechungen gibt, zum anderen verwendet jedes Individuum ein ihm jeweils eigenes Idiom, in dem aufgrund der eigenen Erfahrungen und Erinnerungen bestimmten Worten und Sätzen eine besondere Signifikanz zuwächst. Diesen Eigentümlichkeiten der Sprache stellt Bachmann das Übersetzen als Pflicht und Utopie des Menschen entgegen.

Unter diesen Voraussetzungen soll die Mehrsprachigkeit bzw. die Verwendung von Fremdsprachen in Simultan diskutiert werden. In ihren Gesprächen und Gedanken wechseln die beiden Hauptfiguren der Erzählung immer wieder zwischen verschiedenen Sprachen; beide haben ihre Heimatstadt Wien verlassen und erleben nun in der international und multilingual geprägten Welt ihres jeweiligen Berufs eine Art sprachliche Obdachlosigkeit. Indem die abgelegte, ja verdrängte Muttersprache (Deutsch/Wienerisch) wieder zu Tage tritt, entpuppt sich die Mehrsprachigkeit der Protagonistin Nadja als labiler Zustand, der in letzter Konsequenz zum Verstummen führen kann. Erst die Erfahrung und Erkenntnis der Grenzen jeder Übersetzung scheint am Ende inmitten der Zerstreuung der Sprachenvielfalt ein (vorläufiges) Gleichgewicht wiederherzustellen.

Angesichts seiner durchgehend mehrsprachigen Textur stellt sich im Falle des Simultan -Textes die Frage nach einer adäquaten Übersetzung besonders dringlich. Das Problem, das Bachmanns Erzählung schon im Original aufweist, tritt erneut und verschärft bei dessen Übertragung in eine andere Sprache auf: Inwiefern können Fremdsprachen integriert werden und wie werden sie dem Leser vermittelt? In einem Vergleich verschiedener Übersetzungen von Simultan, unter besonderer Berücksichtigung derjenigen ins Italienische, wird aufgezeigt, wie die zahlreichen fremdsprachigen Elemente des Ausgangstextes in der jeweiligen Zielsprache wiedergegeben werden können. Darzulegen sind dabei die in Bachmanns Erzählung explizit und implizit formulierten, implikationsreichen Reflexionen über Übersetzung, Mehrsprachigkeit und Einsprachigkeit, vor deren Hintergrund sich jeder Übersetzer von Simultan zu bewegen hat. Ferner soll der Blick auf die poetologischen Aussagen der Autorin gerichtet werden, in denen die Sprache stets als „Eigenart“ bestimmt wird, zugleich jedoch als einziges Mittel einer kritischen und weltoffenen Auseinandersetzung mit kulturellen Differenzen.

 


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