|
<<< Tourismusprospekte in Europa – Herstellung und Übersetzung im Zeitalter der Globalisierung
Überlegungen zur Übersetzungstheorie und Analysemethodik von Tourismuswebsites
Felix Redolf (Salzburg)
ABSTRACT:
Im europäischen Tourismusmarketing werden heutzutage nicht nur Reiseprospekte in Papierversion, sondern auch in elektronischer Form für diverse Zielgruppen eingesetzt. Gleichwie das Reiseprospekt eine bisher wenig erforschte Textsorte ist, so gilt dies erst recht für die Web-Textsorte „Tourismuswebsite“. Darunter ist eine elektronisch realisierte, durch hypertextuelle Strukturen gekennzeichnete Darstellung von tourismus-&werbesprachlichen Texten im WWW zu verstehen. Diese Web-Textsorte ist durch hohe Standardisierung, Internationalisierung und Anzahl von kulturspezifischen bzw. kulturell bedingten Differenzen zwischen diversen Kulturen und deren Sprachen (= Tourismussprache), Originalität, Kreativität und gewisse Regellosigkeit (= Werbesprache), neuen Wortschatz, zunehmende Konvergenz von Mündlichkeit und Schriftlichkeit , eine Vermischung von verbaler und nonverbaler Kommunikation, Einsatz spezieller Orientierungs- und Navigationshilfen (Links, Frames und Graphiken) und für das WWW spezifischen Gebrauch von Metaphern (= Internetsprache) charakterisiert. Es ist daher anzunehmen, dass Tourismuswebsites als neue Textform im Unterschied zu konventionellen, nicht elektronischen Texten (=Reiseprospekte in Papierversion) spezielle Eigenschaften aufweisen. Nun sind aber Webseiten-Texte trotz ihrer besonderen Eigenschaften als schriftlich kodierte Informationsvorlagen zu betrachten. Der Zieltext (ZT), den der Übersetzer bei der Translation anfertigt, muss einen bestimmten Zweck (= Intention: hier von kommerzieller Natur) erfüllen. Bis jetzt gibt es aber kein allgemein akzeptiertes Modell von Translationskompetenz. Das derzeit aktuellste und differenzierteste Modell der PACTE-Gruppe (2006:327ff) kann auf dem Weg zur besagten Kompetenz das oberste Ziel (= eine funktions- und adressatengerechte ZT-Produktion) mithilfe ihrer zentral-dominanten strategischen Komponente (mitsamt ihren Sub-Kompetenzen) nur teilweise erhellen. Das Konzept der Makrostrategie (vgl. Flussdiagramm nach Hönig 1997:51), das zwar kein auf kognitiven Prozessen beruhendes Modell des Übersetzungsprozesses ist und thematisch nichts mit der Translationskompetenz zu tun hat, ist realitätsnäher, weil es einen Teil der Planung im Übersetzungsprozess nach vorne verlegt und so den kontrolliert bzw. unkontrolliert ablaufenden Prozessen die Koordinaten für einen Monitoring-Korridor vorgibt. Eine Synthese dieser zwei Modelle ist daher geboten und weiterzuentwickeln. Das schon sehr elaborierte kontrastive Analyse-Modell (vgl. Gawronsky 2002: 80) zur Untersuchung von touristischen Websites ist wegen seiner kleinen methodologischen Schwächen weiter zu adaptieren und zu modifizieren.
Literatur:
- Gawronsky, Doreen (2002): Die Textform Website und Fragen ihrer Lokalisierung am Beispiel deutscher und französischer Tourismuswebsites. (Dipl.-Arb.: zugl. Hochschule (HS) Anhalt (FH), HS für angewandte Wissenschaften, Fachbereich Informatik).
- Hönig, Hans (1997): Konstruktives Übersetzen. 2., durchgesehene Aufl., Tübingen: Stauffenburg.
- PACTE-Gruppe (2006): Zum Wesen der Übersetzungskompetenz – Grundlagen für die experimentielle Validierung eines Ük-Modells. In: Wotjak, Gert (Hg.): Quo vadis Translatologie? Ein halbes Jahrhundert universitäre Ausbildung von Dolmetschern und Übersetzern in Leipzig. Rückschau, Zwischenbilanz und Perspektiven aus der Aussensicht. Berlin: Frank & Timme Verlag für wissenschaftliche Literatur, 327–342.
|