Faust in Mumbai - eine indische Inszenierung des deutschen Weltgedichts?

Anandita Sharma (Heinrich Heine Universität)

Email: sharma.anandita@yahoo.de

 

ABSTRACT:

In meinem Vortrag beschäftige ich mich mit der ersten Faust-Inszenierung in Hindi (1994, Tata Theatres Mumbai, Indien). Der DDR-Regisseur Fritz Bennewitz, der über 25 Jahre zahlreiche Theater-Inszenierungen in indischen Sprachen in Indien und mehrere Faust-Inszenierungen weltweit auf die Bühne gebracht hatte, und die indische Regisseurin Vijaya Mehta inszenierten in einer Zusammenarbeit zum ersten Mal Goethes Faust in der Hindi-Übersetzung von Ramesh Rajhans und Atul Tiwari in Mumbai. Obwohl diese Inszenierung eine prominente Besetzung hatte, fand sie wenig Zustimmung beim Publikum. Aus diesem Grund und technischen Schwierigkeiten wurden die geplanten weiteren Aufführungen abgesagt. Trotzdem - beziehungsweise gerade deshalb - bietet diese Hindi-Inszenierung von Faust Möglichkeiten für eine Analyse kultureller Übersetzungen zwischen Deutschland und Indien, welche sowohl die Sprach-, Literatur- und Theatertraditionen als auch die Alltagskultur beider Länder umfasst. Fragestellungen des Vortrages in diesem Zusammenhang sind: In wieweit werden durch die freien Übersetzungen der Figuren auf der indischen Bühne die abstrakten Ideen des deutschen Originals vermitteln und verwandelt? Wird das Original durch eine neues Kunstwerk ersetzt? Mit Hilfe der Video-Aufnahmen der Proben, Interviews mit Mehta und Bennewitz, des Briefwechsels zwischen Bennewitz und Mehta, sowie Bennewitzs Briefen aus Indien möchte ich die Hintergründe dieser Begegnung zweier Kulturräume untersuchen und in diesem Zusammenhang die Grundprobleme des interkulturellen Verstehens diskutieren.