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Zur Entstehung und Entwicklung phraseologischer Systeme der deutschen Sprache vom 8. bis zum 17. Jahrhundert
Vira I. Shkolyarenko (Pädagogische Universität Sumy, Ukraine)
Email: yogan@ukr.net
ABSTRACT:
Es bedarf keiner besonderen Begründung für die offensichtliche Tatsache, dass die Phraseologie die Schicht des Wortschatzes behandelt, welche die national-kulturellen Besonderheiten der Sprache des Trägervolkes und ihre ontologische, extralinguale Spezifik am vollständigsten expliziert. Die bisherigen ethnokulturellen Untersuchungen auf dem Gebiet der Phraseologie sind aber überwiegend nicht weiter gekommen, als im Sinne des rein linguolandeskundlichen Verfahrens die inventarisch-distributive Ideoethnizität des Wortschatzes festzustellen. Dabei wurden ausführlich genug die in der semantischen Struktur des Phrasems fixierten Realien, Kulturartefakte beschrieben. Der komplexe kulturologische Zugang erfordert aber das Miteinbeziehen der emotionell-konnotativen Aspekte der Semantik, die sich oftmals der regulären extralinguistischen Deutung nicht unterwerfen lassen.
Das traditionelle strukturell-semantische Paradigma der Linguistik in den 60er bis 80er Jahren des 20. Jahrhunderts schenkte den Problemen der Semanalyse von lexikalisch-phraseologischen Einheiten die größte Aufmerksamkeit und erforschte ihre systematischen paradigmatischen und syntagmatischen Relationen. Die anthropozentrische Linguistik machte den Sprachträger und Sprachbenutzer - den individuellen sowie kollektiven - zum Gegenstand der Analyse. Während sich die Linguolandeskunde in diesem Sinne meist auf die Nomination der konkreten gegenständlichen Realien beschränkte, analysiert die Linguokulturologie vor allem den assoziativen, symbolischen Inhalt der Spracheinheiten, selbst der linguolandeskundlich neutralen. Dies bedeutet, dass sich die Linguokulturologie eher auf ihre konnotative Konstituente beruft, während sich die Linguolandeskunde mit der denotativ-signifikativen Semantikkomponente befasst. Linguolandeskundliche Phrasemanalyse ist aufgrund ihres fragmentaren, subjektiven und nicht systemhaften Charakters im Laufe der Zeit auf Kritik gestoßen. Dem entgegen ist das Untersuchungsobjekt der Linguokulturologie kein Hintergrundwissen der Realien als solchen und ihrer sprachlichen Explikatoren, wie es in der Linguolandeskunde der Fall ist, sondern es sind die Vorstellungen darüber, die mentalen Konzepte, die Gestalten im kollektiven Bewusstsein der Sprachträger, die mit der pragmatischen Kategorie der Präsupposition korrelieren. Neben den Kategorien der Prototypen-, Szenarien- und Framesemantik postuliert man die Analyse der komplexen thematisch-ideographischen Massive, die als sprachliche Ausdrucksmittel mentaler Konzepte, archetypischen, kollektiven Charakters gelten. Dabei erscheint uns grundsätzlich wichtig, die in der deutschen Sprache fixierten mentalen Konzepte zu analysieren. Unsere Methodik setzt die Klassifikation mentaler Konzepte und Sprachsymbole voraus: in eigentlich kulturelle (nicht unbedingt sprachlich belegte), in sprachliche (feste Ausdrücke, die den geläufigen kulturellen Symbolen und Stereotypen widersprechen) und in Symbole par excellence. Unter letzteren wird eine vollständige Übereinstimmung des sprachlichen und kulturellen Symbols in einigen genetisch unverwandten Sprachen und Kulturen verstanden, was über ihren archetypischen Charakter schlussfolgern lässt.
Das Verstehen der Sprache setzt zunächst einmal die Kenntnis der realen Hintergründe voraus. Die Aneignung von „symbolischer Kultur“, der Erwerb von Sprachbildlichkeit ist dann ein weiterer Prozess, der sich über einen großen Teil der Kindheit eines Menschen hinzieht oder sich über sein ganzes Leben lang erstrecken kann. Dann kann fast jedes Wort auch bildhaft eingesetzt werden. Sprichwort- und Redensartenbilder sind vieldeutig und laden zu immer neuen Kombinationen ein. Aber zunächst wirken sie rätselhaft und verlangen eine Auflösung. Hierzu will unsere Forschung Hilfestellungen leisten.
Interessant für unsere Forschung ist die Frage der Entstehung der phraseologischen Einheiten vom Gesichtspunkt der intrasprachlichen Veränderungen im Laufe der Entwicklung der deutschen Sprache. Eine besondere Aufmerksamkeit wird dem diachronischen Aspekt in der Erforschung der phraseologischen Einheiten geschenkt. Die wissenschaftliche Arbeit ist für Philologiestudenten, Aspiranten, Lehrer und Wissenschaftler, für alle, die sich für Probleme der Phraseologie und Phraseologisierung interessieren, bestimmt.
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