|
Lebenslanges Lernen als Herausforderung an moderne Gesellschaften
Michael Tölle (Arbeiterkammer Wien - Abteilung Bildungspolitik) [BIO]
Email: michael.toelle@akwien.at
ABSTRACT:
Der große „Knall“ erfolgte zur Jahrtausendwende, auf dem historischen Gipfel von Lissabon: Die EU läutete das Zeitalter des Lebenslangen Lernens (LLL) ein. Man wollte mithalten können mit den großen Wirtschaftsblöcken USA und Asien. Damit steht auch heute noch das LLL unter dem Blickwinkel von „competitiveness“ und „employability“.
Seither sind fast 7 Jahre vergangen, und man weiß, dass man die ambitionierten Zielsetzungen bis zum Jahr 2010 wohl nicht mehr erreichen wird. Aber eines ist gelungen: Das LLL wird so breit diskutiert wie noch niemals zuvor - das gilt auch für Österreich.
Nicht nur die diversen ExpertInnen aus Wirtschaft und Bildung sind sich der Bedeutung des LLL bewusst, auch die „Betroffenen“ selbst: So meinten 88 % aller ArbeitnehmerInnen in einer AK Umfrage (2005), „wer sich nicht weiterbildet, hat kaum noch Chancen im Berufsleben“. Die Weiterbildungsquoten liegen jedoch deutlich darunter, sie sind bei Älteren und Niedrigqualifizierten kaum noch spürbar.
Die 3 großen Akteure im LLL – die Unternehmen, die Individuen und die öffentliche Hand – bemühen sich kontinuierlich um eine Standortbestimmung, die auch darauf abzielt, im Vergleich zu den beiden anderen nicht zu viel zu investieren. Die Motive dafür sind vielfältig: Kostendruck, Budgetvorgaben, und ArbeitnehmerInnen müssen sich zunehmend zwischen Investitionen für Wohnen, Pensionsvorsorge oder Weiterbildung entscheiden. Die Beiträge der großen Akteure vernünftig auszubalancieren wäre jedenfalls eine große Herausforderung, was man schon daran sieht, dass es für den Begriff „vernünftig“ in diesem Zusammenhang verschiedene Interpretationen gibt.
Die AK stellt schon seit Mitte der 90er Jahre die Frage nach einer steuernden, koordinierenden Instanz für das LLL, ganz wichtig für den Bereich der Weiterbildung: Denn dieser wirkt in Österreich wie ein verschachtelter Garten, in dem einander unbekannte GärtnerInnen mit nur gelegentlich ausgetauschten, flüchtigen Blickkontakten die ihnen irgendwann einmal zugeteilten Quadratmeter mehr oder minder intensiv bepflanzen und bewässern. Wer von oben drauf schaut, sieht fehlende Durchgänge und Kraut und Rüben.
Wie können Gesellschaften ein „kohärentes System des LLL“ (so die Vorstellung der EU) aufbauen? Anscheinend haben das bisher nur die skandinavischen Staaten und Länder wie Großbritannien und Australien geschafft. Was machen diese Länder anders, was machen sie besser, was könnte Österreich - das sich bisher mit einer nur durchschnittlichen Platzierung im Wettlauf des LLL zufrieden gibt - von ihnen lernen? Welche Elemente sind erforderlich, um eine „andauernd lernende Gesellschaft“ zu sein?
Dies ist die zentrale Fragestellung, auf die anhand von internationalen Vergleichen und nationalen Initiativen eingegangen wird.
|