Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007

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Plurale politische Identität als Norm der Europäischen Union

Helmut Wagner [BIO]

Email: helwag00@yahoo.de

 


 

ABSTRACT:

Über die Aktualität des Themas dürfte kein Zweifel bestehen. Davon zeugt in jüngster Zeit in Europa ein Randereignis. Der französische Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy hatte im Wahlkampf angekündigt, wenn er gewählt werden würde, ein “Ministerium für nationale Identität“ zu schaffen. Offensichtlich ging es ihm dabei darum, dem nachlassenden Nationalbewusstsein seiner französischen Mitbürger “von oben“ etwas nachzuhelfen. Nach seiner erfolgreichen Wahl hat er sein Vorhaben tatsächlich wahr gemacht. Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich seine einseitige Identitätsstiftung sein und auf wessen Kosten sie erfolgen wird.

Nach einem kurzen Rückblick auf theoretische Aussagen zur politischen Identität, um für begriffliche Klarheit zu sorgen, argumentiere ich sodann, dass die ausschließliche Priorität des nationalen Bewusstseins, die in Europa lange Zeit die Regel war, darauf zurückzuführen ist, dass der Nationalstaat das Monopol für alle politischen Kompetenzen besessen hat – nicht nur für die Außen- und Sicherheitspolitik, sondern auch für die Währungs-, die Kultur- und Wissenschaftspolitik. Die europäische Integration hat dieses Monopol gebrochen, weil sie traditionelle staatliche Kompetenzen neu verteilt hat.

In der EU insgesamt berufen sich gegenwärtig, gemäß den Daten des Eurobarometers, 38% der EU-Bewohner darauf, dass sie eine nationale Identität, 58% darauf, dass sie eine doppelte, nationale und europäische, Identität, und 4% darauf, dass sie eine europäische Identität besitzen. Diese europäischen Mittelwerte fallen natürlich bei jedem EU-Mitglied anders aus und geben über die in ihnen herrschenden Einstellungen interessante Aufschlüsse.

Meine eigene Schlussfolgerung lautet, dass die Exklusivität der nationalen Identität durch die “Kompetenzteilung“ in der EU ihre Basis und ihren Sinn verliert und dass in der EU stattdessen eine “plurale Identität“ bzw. eine “patchwork identity“ die Regel zu werden verspricht. Neben der nationalen Identität finden in zunehmendem Maße auch eine europäische, eine regionale und lokale Identität einen Platz im öffentlichen Bewusstsein. Die Exklusivität der nationalen Identität ist gebrochen.

 


Ehrenschutz: Bundespräsident Dr. Heinz Fischer

KCTOS: Wissen, Kreativität und
Transformationen von Gesellschaften

Wien, 6. bis 9. Dezember 2007