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Im Gedächtnis der Zeit? – Erzählverfahren und Erinnerungsprozesse in autobiografischer Literatur über KZ-Erfahrungen
Siegrun Wildner (University of Northern Iowa, USA) [BIO]
Email: Siegrun.Wildner@uni.edu
ABSTRACT:
Autobiografien sind subjektive Erinnerungsleistungen, die aus der Perspektive der Erzählgegenwart individuelle Geschichtserfahrungen und Erlebnisse narrativ re-konstruieren und interpretieren. Als schriftliche Erinnerungsträger können sie eine wichtige Reflexions- und Kritikfunktion übernehmen und zu einem unerlässlichen Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses (Jan Assmann) werden.
In der Literatur über traumatische Erfahrungen in Konzentrationslagern und deren Folgewirkungen zeichnen sich einige autobiografische Schriften durch nuancierte selbstreflexive Erinnerungsprozesse und komplexe narrative Verfahrensweisen aus. Beide Stränge, Erinnerungsarbeit und Erzähltechnik, stehen in enger Verbindung zueinander und geben Aufschluss über das Bewusstsein der AutorInnen. Exemplarisch dafür stehen Charlotte Delbo, Ruth Klüger und Primo Levi, die die Schwierigkeiten des Erinnerns von traumatischen Erfahrungen und deren narrative Umsetzung in ihren Werken vermitteln.
Gegenstand dieser literarischen Studie ist das Verhältnis zwischen Erinnerungsprozessen und Erzählverfahren in ausgewählter autobiografischer Literatur, wobei folgende Fragenkomplexe untersucht werden:
- Wie werden die Differenz- und Konflikterfahrungen individueller Erinnerung aktiviert und im Textgefüge sichtbar gemacht?
- Wie erfolgt die Umsetzung der Erinnerungsbewegung in eine narrative Textstruktur?
- Wie zeigt sich das Verhältnis von subjektiver Erinnerungsleistung und kollektiven Deutungsmustern?
- In welchem narrativen Raum-Zeit-Verhältnis stehen das erinnernde Ich der Gegenwart und das erinnerte Ich der Vergangenheit?
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