Institut zur Erforschung und Förderung österreichischer und internationaler Literaturprozesse
Forum "Kultur erleben" 
Beiträge, Gäste, Diskussionen
 
 
Filmemacher Schmiderer bei den Dreharbeiten Am Stein 
 
Der Autor: 
Othmar Schmiderer; geb. 1954 in Lofer/Land Salzburg. Seit 1985 unabhängiger Filmemacher in Wien. Neben eigenen Projekten Mitarbeit als Kameramann oder Tonmeister bei zahlreichen Dokumentar- und Spielfilmen. Die Produktionen wurden bei unterschiedlichen Dokumentarfilm- und Filmfestivals präsentiert. 
Filmografie (Auswahl): 
1988: Josef Hauser - Klang und Raum. Dokumentarfilm (Buch; Co-Regie mit Heinz Ebner, Kamera, Schnitt) 
1992: Mobile Stabile. Essayistischer Dokumentarfilm (Co-Regie mit Harald Friedl, Kamera, Schnitt; Text: Bodo Hell, Musik: Uli Scherer) 
1994/95: KlangSäule - Tanzvideo (Realisation, Kamera, Schnitt; Choreographie: Sebastian Prantl, Musik: Friedrich Cerha, Skulptur: Karl Prantl). 
1995-97: Am Stein 
1997/98: an Echo from Europe - Vienna Art Orchestra on Tour 97 (Buch, Regie, Kamera; 2. Kamera: & Montage: Daniel Pöhacker) 


Kulturseminare 

Terminübersicht 

Pressemitteilungen 

Zu den Kulturseminaren  



 
  
Filmplakat "Am Stein" 

Filminfo: Am Stein 
Buch, Regie, Kamera: Othmar Schmiderer, Co-Autor: Bodo Hell, Musik: Uli Scherer 
Produktion: Prisma Film (1995-1997) 
In einer dokumentarischen Collage werden Leben, Arbeit und Alltagskultur auf den Almen am Dachstein-Hochplateau dargestellt. Die ZuseherInnen werden auch mit regionalen Traditionen und Mythen bekanntgemacht. Bodo Hell, Schriftsteller, verbingt selbst selbst als Senner die Sommer auf der Grafenbergalm. 


 
Kulturseminare 

Terminübersicht 

Pressemitteilungen 

Zu den Kulturseminaren  


Zu den Dreharbeiten am Stein
Othmar Schmiderer (Wien)
 
Am Stein: Dokumentarfilm zum sommerlichen Leben im Hochgebirge (nördliche Kalkalpen, östlicher Dachsteinstock). Drehzeit: Juni-September 1995 
 
der Ort/die Orte
Kalkhochplateau, Karst- und Krummholzgassen, Grube um Grube, Riedel hinter riedel, Weideflächenmosaik (uneingezäunt), absolutes Ödland (gut für immerhin noch ca. 700 Schafe, Hütten verfallen), grüne Alminseln (genossenschaftlich bewirtschaftet, mit über 100 Stück Großvieh), Lärchen- und Zirbenwald (an der Baumgrenze, außer Ertrag), Gletscher in Intensivnutzung (Genußschilauf/ProfiTraining), Felsgipfel, Seilbahnen, Bergseen, Jet-Himmel... 
 
die Wahrnehmung (selektiv)
rasch wechselde Wetter (Schönwetter/Unwetter), Tageszeitenintensität (emotionell), die 5. Jahreszeit (im Gebirge alle 5 komprimiert, verschachtelt), Wind und Stille, Stein und Knochen, Mensch und Vieh, onlooker (wie sich der anstrengt, etwas zu sehen, zu hören etc.), SprecherInnen in der Landschaft, vor und in Hütten (von welcher Arbeit, welchem Widerstand, welcher Politik?), Kuhmäuler und Ochsenschawänze, Weidegras und G'staudach, weißer Germer, Molch und Salamander, Schafohren, Ziegenglocken, jagbares Wild, Zirbenhäherkreischen, Ringdrosselschnattern, Fliegensurren, Hubschrauberknattern, Steindauben, Farbmarkierung, Treibwege, Loipenschlangen, Wasserschöpfen, dichtmachen, Käserühren, Holzschwenden, Graß (=grüne Nagelzweige)feuern, zäunen, Bergkernaustragen, Salzstreuen, ausgraben, eingeben, abschneiden, Stallkehren, Steckenstoß und -schlag, Lockrufe, Viehtrieb, Glocken-Cluster, Milchschaum... 
 
Dimensionen der Bewegung
Viehsuchen, periodisches Getriebenwerden (wie das schwere rindvieh auf glattem Fels vorsichtig die Klaue des Hinterbeins suchend in den Vordertritt setzt), Weidegang (als Gruppenphänomen), gegenseitiges Vertreiben (PferdeRangkämpfe), Wegfinden, Forthuschen, Eilen (meditativ/neurotisch), Defäkation als Erleichterung vor Steilstufen, Longompa (mit heißer sohle gehen), Berg-Steigen, Rasten, Sommer-Langlauf, Skating, Hochgehobenwerden (Seilbahn), Ratracs (Gletschertaxi), Traktoren, Auftrieb, Gamsflucht und Schuß, da tänzelt der Landlbauer steckendrehend durch die wippenden Latschen, Gleitschrimflug, Abtrieb... 
 
Transzendenz (eine Ahnung davon)
Blickfeldfenster, Felsformationen im 'Gebrige der Zeichen', natural land-art, eine Restschneefläche wie ein Leintuch ausgebreitet (schafbesetzt), Fernsicht (unbestimmt) und Panoramaerklärung (liebevoll bemüht), Nebelreißen, Schneefall, Baumpersönlichkeiten, vom Verirren und vom Kreisgang, da blinkt etwas auf, Alphorn, Brot(ofen) und Milch(euter), Melklied vor Fischer im Bergsee (wie das Arbeitsgedicht in bizarrer Reimlogik abrollt), Zählzeichen, Kalenderstein, Sagenerzählung, WegNosch, KasWurm (und Abwehrmaßnahmen), Fernglas und Beutebruch (rote Arbeit), Landschaftszaun (technische Einbauten), Jodler... 
 
was es heißt (und wovon man wenig sieht, vielleicht etwas spürt)
3 Monate lang täglich mit Optik und Mikro den wiederkehrenden und doch so differenten "ereignissen" und "Tätigkeiten hinterher, manchmal zu früh, oft zu spät, dem zügigen Viehtrieb auch noch vorausgelaufen, umsonst warten und auf Unerwartetes reagieren, nächstesmal des Gleiche anders vorfinden, das ist doch schon aufgenommen, dann kommt der große Schneefall Ende August und wir bekommen nur wenig von der Obertrauner Seite zu sehen, glücklicherweise ist in diesem Drehsommer kein Vieh abgestürzt, wie bringt man den ruhenden Truppenübunsplatz detonierend ins Bild, ist das "Ergehen" der Dimensionen im Bergraum (Körpergedächtnis) filmisch überhaupt vermittelbar, zeitlich, optisch, akustisch (soviel schon:Dolby Stereo Surround), und noch ein sympathisches Touristenpaar erklärt angelegentlich, was ihm in den Bergen widerfährt, schade, daß wir dem Hüttenwirt so wenig Konkretes entlocken können, nach dieser anstrengenden Schneetour, lieber Blasbichler: könntest Du uns bitte noch einam erzählen, wie die Lutherbibeln in den Salzsäcken versteckt auf dem Bibelsteig übers Gebirge transportiert wurden, verflixterweise hat sich Ida (eine der SennerInnen) auf dem Rückweg vom Schadenzauber-Interview den Knöchel gebrochen (Hubschrauberrettung, Zeitungsnotiz), auf die detailreiche Heilkräuter- und Holzkohlenerzählung des Jaglbauern müssen wir leider auch verzichten, täglich Wasser und Holz, Feuer und Generator, Regenrüstung und Jause, Schuhe und Stegelstecken, tragen und tragen, müssen diese Füße wirklich, müssen diese Hüte wirklich... 


Notizen zum Film. Othmar Schmiderer war Gast, Vortragender und Diskussionspartner bei der Filmvorführung am 6.9.2000, Ramsau am Dachstein, Veranstaltungszentrum.
 

Übersicht: Kulturseminare
INST: Home
Inhalt: Forum "Kultur erleben"

Diese Seite wurde erstellt/zuletzt inhaltlich geändert am: 2001-06-07     Location (URL): http://www.inst.at/kuse/forum/schmiderer.htm
© Institut zur Erforschung und Förderung österreichischer und internationaler Literaturprozesse (INST), 2001
Webmeisterin: Andrea Rosenauer