Trans Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften 15. Nr. Juli 2004
 

3.2. Sektion sozialverträgliche Wissenschaftskulturen
HerausgeberIn | Editors | Éditeurs: Michael Strähle (Wissenschaftsladen Wien)

Buch: Das Verbindende der Kulturen | Book: The Unifying Aspects of Cultures | Livre: Les points communs des cultures


ReUse-Computer - Kultur der Nutzenoptimierung

Frank Becker (Projektleiter ReUse-Computer an der TU Berlin/ kubus(1))

 

Eine differenzierte Gesellschaft

Was sind die gesellschaftlichen Aufgaben einer sozialverträglichen Wissenschaft vor dem Hintergrund neoliberaler Paradigmen, die menschliches Leben töten, gesellschaftliche und ethische Strukturen zersetzen und die natürliche Lebensgrundlage auf unserer Erde zerstören?(2) Sozialverträgliche Wissenschaftskultur ist, folgt man dem ethischen Imperativ Heinz von Foersters(3), ein Handeln, das darauf bedacht ist, die Zahl der (Verhaltens- oder Wahl-) Möglichkeiten zu erhöhen.

In einer funktional differenzierten Gesellschaft bringt sich Wissenschaft immer in einer bestimmten kulturellen Form in die gesellschaftlichen Prozesse ein. Betrachten wir, darauf aufbauend, sozialverträgliche Wissenschaft eingebettet in die Kontexte gesellschaftlicher Entwicklungen, so erkennen wir als eine Voraussetzung für Sozialverträglichkeit die Fähigkeit zu kultureller Übersetzungsarbeit(4). Logik und Sprache anderer gesellschaftlicher Sphären zu verstehen, deren Deutungssysteme übersetzen zu können, ist Voraussetzung für eine wirkliche Erweiterung des hier angedeuteten Möglichkeitsraumes.

Folgt man dem Luhmann'schen Ansatz funktionaler Differenzierung der Gesellschaft und versucht man diesen Ansatz auf regionale Kontexte zu übertragen, so können Regionen anhand der folgenden sieben "Logiken" abgebildet werden(5).

Eigene Darstellung

Logik und Sprache dieser gesellschaftlichen Sphären sowie deren zugrunde liegende Deutungssysteme folgen in wesentlichen Bereichen eigenen Gesetzen. Bezogen auf das hier besprochene ReUse-Computer Projekt sind das z.B.:

Innovation / Wissenschaft: Innovative Potentiale und wissenschaftliche Kompetenz sowie entwickelte Forschungs- und Entwicklungsbereiche beeinflussen diesen Sektor. Es ist häufig von einer "Wissenschaftssprache" die Rede. Eine wesentliche Kategorie um Bedeutung zu messen, eine "Verrechnungseinheit", ist wissenschaftliche Reputation.

Kapital: In diesem Bereich spielen Wettbewerbsfähigkeit, Erschließung neuer Märkte, Wertschöpfung und Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität eine beeinflussende Rolle. Eine "Managementsprache", die durchsetzt ist von zahlreichen Anglizismen, ist hier typisch. Die Bedeutungsmessung erfolgt an Hand der "Verrechnungseinheit" Gewinn. Metaphorisch herrscht das "Gesetz des Marktes".

Politik: Dieser Bereich wird durch politische AkteurInnen und leistungsfähige Politikkonzepte, u.a. in den Bereichen Arbeitsmarkt- und Strukturpolitik, maßgeblich gekennzeichnet. Auch hier finden sich sprachliche Differenzierungen; die wesentliche "Verrechnungseinheit" ist die Optimierung der Wiederwahlchancen.

Aufbauend auf dieses Strukturmodell gesellschaftlicher Wirkungszusammenhänge kann das Projekt ReUse-Computer in seinen unterschiedlichen Dimensionen differenziert dargestellt werden:

 

Das Beispiel ReUse-Computer

Ökologisch- und sozialverträgliche Konzepte der Nutzenoptimierung stehen neo-liberalen Konzepten der Verbrauchsmaximierung gegenüber. Am Beispiel des Kooperationsprojektes ReUse-Computer möchte ich die Sozialverträglichkeitsdimension der Arbeit von kubus erläutern. Die Wiederverwendung (= ReUse) gebrauchter Geräte ist Ziel des von der Technischen Universität Berlin ZEK / kubus geleiteten Projektes. Ein Netzwerk von Unternehmen bietet hochwertige leistungsfähige ReUse-Computer und -Komponenten zu günstigen Preisen sowie ein umfassendes Serviceangebot für gebrauchte Computer und innovative neue Produkte, die aus gebrauchten Computern entwickelt wurden.

In Deutschland fallen jährlich mindestens 250.000 Tonnen Elektronikschrott an, die mit giftigen Schadstoffen belastet sind. Die Herstellung eines Standard-PCs (ohne Peripherie- und Eingabegeräte) verbrauchte 1999 etwa 535 kWh Primärenergie; das schließt den Energieaufwand für sämtliche Vorprodukte ein, seien es die Prozesschemikalien für die Halbleiterfertigung, die anteilige Goldförderung für vergoldete Kontakte oder die Verarbeitung von Kupfer zu Kabeln. Der Transport der einzelnen PC-Komponenten, zumeist aus Fernost, zur Endmontage des Rechners und bis zum Ladengeschäft in Deutschland macht etwa 10% des Energieverbrauchs der Herstellungsphase aus. Um eine anschaulichere Vorstellung dieser Zahl zu geben: das entspricht dem durchschnittlichen Spritverbrauch einer Autofahrt von Berlin nach München. Der Energieverbrauch für die weltweite Herstellung von PCs ist vergleichbar mit dem einer mitteleuropäischen Millionenstadt von der Größe Münchens - einschließlich des dortigen Verkehrs und der Industriebetriebe.(6)

Nach Hochrechnungen der deutschen Computerzeitschrift c't(7) wechselten 2002 mindestens zwei Millionen gebrauchte PCs in Deutschland den Besitzer. Nimmt man an, dass die Weiterverwendung jedes dieser gebrauchten Rechner den Neukauf eines Rechners um ein Jahr herauszögert, so ergibt sich eine Einsparung an Primärenergie von rund 470 GWh. Bedenkt man darüber hinaus die von der c't mit 16 Millionen PCs bezifferte "stille Reserve" von Rechnern im Alter zwischen drei und sechs Jahren, so ließe sich durch den Einsatz von Gebraucht-Rechnern rein rechnerisch der energetische Gegenwert eines größeren Kohlekraftwerkes einsparen.

 

Erhaltendes Handeln und Lernfähigkeit

Aus diesem praktischen Beispiel heraus wird deutlich, dass der ERHALT unserer Umwelt den kulturellen Akt erhaltenden Handelns in unserem Alltag voraussetzt. Etwas wieder aufzuarbeiten, weil es noch gebraucht wird, anstatt es in den Müll zu werfen, ist ein Beitrag zur Entschleunigung unserer Ökonomie.

Denn die durchgängige "Ökonomisierung" unseres eigenen Alltagshandelns ("... es muss sich natürlich auch rechnen, wenn ich etwas tue...(8)") bedarf eines Gegengewichtes. Sobald etwas verdächtig ist, weil es schon vorher existiert hat und der Wunsch etwas zu erhalten und zu bewahren, tendenziell als gesellschaftsschädigend angesehen wird, werden die Basis gesellschaftlicher Lernfähigkeit und nachhaltiger Entwicklung untergraben. Auch ein gebrauchter Computer wird in diesem Sinne verdächtig [gemacht] - geht er bald kaputt?

Hilfreich - im Hinblick auf gesellschaftliche Lernfähigkeit und nachhaltige Entwicklung - sind netzwerkorientierte Kooperationsansätze, die den eigenen Vorteil im Erfolg des Anderen im Blick behalten, lernende Netzwerke. Lernprozesse sind in diesem Zusammenhang Erzählprozesse, narrative Prozesse. Netzwerke als soziale Systeme lernen und entwickeln sich über den retrospektiven Vergleich ihrer Entwicklungsprozesse mit den ins Auge gefassten Zielen. Die Geschichte eines Netzwerkes erzählen können setzt aber voraus, dass dies lange genug existiert, um retrospektiv wahrgenommen zu werden. Effizienzhysterie und Neuheitsideologie zerstören demgegenüber die Grundlagen unseres Lebens, Lernens und Arbeitens. Nur ein System, das sich, bezogen auf die o.g. Logiken einer Region im Sinne von System-Umwelt-Differenzen, in Widersprüche begibt und in der Lage ist, diese Widersprüche produktiv zu bewältigen, ist auch in der Lage sich zu entwickeln, man kann auch sagen, ist lebensfähig.

Widerspruchsfreiheit, wie sie z.B. durch die neoliberalistische Überordnung der Ökonomie über alle anderen Bereiche angestrebt wird, würde ich in diesem Zusammenhang als soziale Entropie bezeichnen.

Drei Punkte sind, ausgehend von den Erfahrungen mit ReUse-Computer, aus meiner Sicht bedeutsam für die Charakterisierung einer sozialverträglichen Wissenschaftskultur:

 

Drei Anekdoten

Ich möchte dies an Hand einiger kleiner Geschichten aus unserem Projekt illustrieren.

Die erste ist die Geschichte eines Pentium III Rechners, 500 MHz, 8 GB Festplatte, der 1999 hergestellt wurde. Für seinen Herstellungsprozess wurde seinerzeit ein Primärenergieeinsatz benötigt, der dem Spritverbrauch einer PKW-Fahrt von Berlin nach München entspricht.

Im letzten Jahr wurde er von einem Schreibtisch in der Filiale einer Bank in Berlin abgebaut und nach knapp 4 Jahren Nutzungszeit zur "Roll-Out Ware". Ohne das ReUse-Projekt wäre er wahrscheinlich erst im Keller und einige Wochen später in der Schrottmühle gelandet. Dabei wären nur 13% des ursprünglichen Energieeinsatzes zurückgewonnen worden, 87% wären verloren gewesen - ein Problem bei allen hochintegrierten Produkten. Recycling funktioniert bei Papier, aber eben nicht bei Computern. Glücklicherweise hat die Bank eine Vereinbarung mit ReUse-Computer. Eines der mittlerweile 18 Berliner ReUse-Unternehmen hat den Rechner zusammen mit anderen Hardwarekomponenten abgeholt, aufgearbeitet und wiedervermarktet. Heute steht dieser Computer im Büro eines Getränkegroßhandels und wird dort wahrscheinlich noch 3-4 Jahre seine Arbeit verrichten.

Würde jeder der geschätzten 16 Mio. gebrauchter Computer, die nicht weiter genutzt werden, aber noch nicht verschrottet sind, nur zwei Jahre weiter genutzt werden, so ließe sich damit eine Energieeinsparung realisieren, die einem 500 MW Kohlekraftwerk entspricht.

Eine andere Geschichte führt zum Studiengang Global Production Engineering der Technischen Universität Berlin. Dort wird den StudentInnen, die mit wenig Geld aus Asien und Osteuropa für 18 Monate nach Berlin kommen, ein Miet-Kauf Angebot "reuse-ter" Markenlaptops mit W-LAN Zugang angeboten, die sie auf Wunsch und unter Anrechnung der Mietzahlung auch kaufen können.

Weder wäre die TU Berlin heute in der Lage, einen entsprechenden Notebook-Pool anzuschaffen, noch sind Neupreise um die 1500,- EUR für die StudentInnen eine attraktive Alternative.

Eine dritte Anekdote spielt bei einem unserer Händler. Vor einigen Monaten produzierten wir mit dem Reporter einer großen Berliner Boulevardzeitung einen kleinen 20 zeiligen Artikel mit einem Foto aus dem Laden des Händlers. Der folgende Monat wurde einer der umsatzstärksten diesen Jahres. Vor dem Hintergrund des anhaltenden Preisverfalls im Neugerätesektor, der in Deutschland u.a. durch ALDI, LIDL, MediaMarkt etc. mit verursacht wird, war das ein existenzieller Erfolg für unseren ReUse-Händler.

Mit diesen drei Anekdoten,

habe ich das Spannungsfeld aufgezeigt, in dem sich unser Projekt bewegt und in dem andauernde Übersetzungsarbeit geleistet wird.

 

Sozialverträgliche Wissenschaftskultur

Was hat das nun mit sozialverträglicher Wissenschaftskultur zu tun? Nun, ich habe versucht in diesen kleinen Geschichten die oben bereits vorgestellten Aspekte widerzuspiegeln, die meiner Meinung nach eine sozialverträgliche Wissenschaftskultur kennzeichnen:

In diesem Sinne handelt das ReUse-Computer Netzwerk sozial und ökologisch verträglich. Im Rahmen von ReUse-Computer bedeutet "sozialverträgliche Wissenschaftskultur": Wir fragen nach den Bedarfen; kubus leistet Beiträge zu einer nutzerorientierten Technikentwicklung. Wir leisten Beiträge zur Sicherung des arbeitsintensiven Aufarbeitungs-, Beratungs- und Service Know-how in der Region. Mit dem Projekt ReUse-Computer fördert unsere Kooperationsstelle die Orientierung auf eine Ökonomie der Nutzenvermittlung: Wir verkaufen zukünftig keine Computer mehr, wir vermarkten Computernutzung. Damit wird der Ressourcenverbrauch und das Aufkommen an Elektronikschrott vermindert, mehr Menschen erhalten Zugang zu modernen IuK-Techniken. ReUse-Computer macht Nachhaltigkeit sowie technische, soziale und ökologische Innovationen praktisch erfahrbar.

Die Geschichte eines Netzwerkes als Lern- und Entwicklungspotential nutzen zu können, setzt aber eben voraus, dass dies lange genug existiert, um retrospektiv wahrgenommen zu werden. Solche Erzählprozesse sind Lernprozesse, sind narrative Prozesse. Soziale Systeme, wie z.B. Netzwerke, lernen und entwickeln sich über den retrospektiven Vergleich ihrer realen Entwicklungsprozesse mit den ursprünglich angestrebten Zielen.

Quelle Abbildung(10)

Dieser erzählerische Charakter repräsentiert die Voraussetzung für (individuelle wie systemische) Entwicklungsfähigkeit: Zirkularität.

Die Zirkularität(11) solcher Lern- und Entwicklungsprozesse lässt sich am Steuern eines Bootes verdeutlichen. Was macht ein Steuermann, der sein Schiff sicher in den Hafen manövrieren möchte? Er verfolgt kein starr festgelegtes Programm, er variiert sein Handeln permanent. Wenn das Boot vom Kurs abweicht, weil der Wind so stark bläst, schätzt er diese Kursabweichung ein, so dass er weiterhin auf den Hafen zufährt. Er versucht, den Fehler zu korrigieren. Vielleicht steuert er etwas zu stark gegen. Das Ergebnis wäre eine Kursabweichung nach rechts - und die Notwendigkeit, erneut gegenzusteuern. In jedem Moment wird die Abweichung in Relation zu dem ins Auge gefassten Ziel, dem Hafen, korrigiert. Das Betätigen des Steuers, eine Ursache, erzeugt also eine Wirkung; das ist die Kurskorrektur. Und diese Wirkung wird wieder zu einer Ursache, denn man stellt eine neue Kursabweichung fest. Und diese erzeugt ihrerseits eine Wirkung, nämlich wiederum eine Kurskorrektur. Solche Steuerungsvorgänge sind ein wunderbares Beispiel zirkulärer Lern- und Entwicklungsprozesse.

Ouroboro(12) - die Schlange, die sich in den Schwanz beißt - wird also im Fluss der Zeit zur Lernspirale. Der Punkt, den die Schlange zweimal durchläuft, nenne ich Reflexion. Die Reflexion über erlebte und erzählte Geschichte(n) schafft Entwicklung und Veränderung. In der Lernschleife sozialer Systeme ist dies der Punkt, in dem Lernen stattfindet. Kriterien, an denen der Entwicklungserfolg gemessen werden kann, werden mit den tatsächlich erreichten Ergebnissen verglichen. In dieser Reflexionsarbeit wird Ethik erzeugt, im Gegensatz zu einer bloßen Befolgung normativer Moral.

Quelle Abbildung(13)

Daraus leite ich ein Prozessmodell ab, das im Rahmen professioneller Organisations- und Regionalberatungsprojekte - und auch beim Aufbau von Akteurs- und Unternehmensnetzwerken - als Lernwerkzeug eingesetzt wird. Es kann folgendermaßen dargestellt werden:

Eigene Darstellung

 

Verantwortung und Handeln

Konzerne und Handelsketten übernehmen immer weniger Verantwortung für den Ort und die Menschen, mit und an denen sie produzieren und handeln(14). Das hat in zweierlei Hinsicht schädliche Auswirkungen:

Diese Entwicklung verselbständigt sich, auch das kleine Computerfachunternehmen muss sich dieser Dezentralisierung und Flexibilisierung stellen.

Sozialverträgliche Wissenschaftskultur in Form des Konzeptes ReUse-Computer setzt dieser Entwicklung das Konzept des Ortes (der Region) und der Verantwortung (sozial, ökologisch und ökonomisch) entgegen. Die Eingebundenheit von ReUse-Computer in die ökonomischen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen der Region bringt strukturelle Dimension dessen zum Ausdruck, was in der Fachdiskussion SOZIALKAPITAL genannt wird.

Lernschleife Kundenorientierung

Eigene Darstellung

Schon Mahatma Gandhi's Konzept des swadeshi(15) (wirtschaftliche Eigenständigkeit des Landes) setzt darauf, Produkte und Dienstleistungen zu nutzen, die "von meinem Nachbarn", also im Kontext regionaler Ökonomie erzeugt bzw. aufgearbeitet wurden.

Die wissenschaftliche Frage ist doch, ob es gelingt, mit Konzepten wie ReUse zu belegen, dass eine Welt, die auf Ressourcenverschwendung und auf Wertschöpfung durch Wertzerstörung verzichten will - und kann, realisierbar ist? Die Untersuchung dieser Frage im praktischen Handeln stellt eine große Verantwortung dar. Die ReUse-Händler, die sich diesem Versuch unterziehen, rühren dabei auch an der eigenen Existenzgrundlage. Gelingt es, ökonomisch tragfähiges Handeln in Netzwerken mit ökologischer Verantwortung und sozialem Engagement zu verknüpfen - oder besser: bis zu welchem Punkt und zu welchen Konditionen gelingt es?

In diesem Sinne fragt eine sozialverträgliche Wissenschaftskultur nicht "Was ist das Neue, was ist das Einzigartige?". Von einer sozialverträglichen Wissenschaftskultur erwarte ich, dass sie danach fragt "Was funktioniert?" und ihr Handeln darauf ausrichtet, Probleme und Aufgaben im gesellschaftlichen Kontext besser zu bearbeiten, als dies bis dahin möglich war.

Sozialverträglich nenne ich eine Haltung, die den eigenen Erfolg im Nutzen der anderen Gesellschaftsmitglieder im Blick hat und erkennt. Diese allparteiliche Haltung ist es, die ich als sozialverträgliche Wissenschaftskultur betrachte.

Wenn es uns gelingt, diese Haltung auf unsere jeweilige Gemeinschaft / Gesellschaft in der wir leben und in Relation zu der jeweils relevanten Umwelt zu übertragen, dann können wir mit Recht für uns in Anspruch nehmen, einen Beitrag zu einer sozialverträglichen Wissenschaftskultur geleistet zu haben.

© Frank Becker (Projektleiter ReUse-Computer an der TU Berlin/ kubus)

Technische Universität Berlin, Zentraleinrichtung Kooperation, Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen (kubus), Steinplatz 1, 10623 Berlin, Frank Becker, (030) 314 26 056, ReUse@zek.tu-berlin.de, weitere Informationen können unter www.reuse-computer.de abgerufen werden.


ANMERKUNGEN

(1) Technische Universität Berlin, Zentraleinrichtung Kooperation, Kooperations- und Beratungsstelle für Umweltfragen (kubus)

(2) Der Begriff Neoliberalismus ist in den letzten Jahrzehnten als Bezeichnung für eine neue ökonomisch-politische Ideologie eingeführt worden. Mit einer eher politischen Konnotation wird von Neokonservatismus gesprochen. Im Unterschied zum traditionellen Liberalismus definiert Neoliberalismus Freiheiten von der ökonomischen Logik her und dehnt diese auf die gesamte Gesellschaft aus.

(3) Heinz von Foerster und Bernhard Pörksen: "Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners - Gespräche für Skeptiker", S. 36, Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg, 1998

(4) Neoliberalismus dagegen bestreitet Regelungskompetenzen und -fähigkeiten zur Berücksichtigung sozialer, ökologischer und politischer Aspekte der Gesellschaft. Neoliberalismus erklärt z.B. Wirtschaftskrisen als Resultat politischer Eingriffe.

(5) In einer neo-liberalen Konstellation sind die übrigen Logiken über die Logik der Ökonomie aufeinander bezogen.

(6) Was das "Reuse" von PCs für die Umwelt bedeutet, haben Karsten Schischke und Rolf Kohlmeyer von der TU Berlin, FSP Mikroperipherik im Rahmen unseres Projektes analysiert. Angela Meyer, "Ökologisches Rechenspiel", c't 2003, Heft 21, Seite 153; Karsten Schischke, "Gebrauchte Rechner sind Grün", UmweltMagazin, 4/5-2004

(7) A. Stiller, D. Adamczewski, c't, Heft 21, 2002

(8) Aus neoliberaler Sicht muss sich der Mensch zur Bewahrung seiner eigenen Freiheit der marktbestimmten gesellschaftlichen Evolution unterordnen.

(9) Ich sehe dies als den hermeneutischen Aspekt sozialverträglicher Wissenschaftskultur an.

(10) Abraham Eleazar, Uraltes chymisches Werk, Leipzig, 1760

(11) siehe: Heinz von Foerster und Bernhard Pörksen: "Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners - Gespräche für Skeptiker" Carl-Auer-Systeme Verlag, Heidelberg, 1998

(12) Ouroboros: Symbol einer sich in den Schwanz beißenden Schlange, das bei den griechischen Alchemisten die Materia prima und die Einheit des Kosmos darstellte. Auch das Ying- und Yang-Symbol kann als ein Ouroboros gedeutet werden.

(13) Dennis William Hauck, "The Ouroboros Engine that Drives Reality", http://www.alchemylab.com/contents.htm , 21.05.04

(14) Die ökonomische Globalisierung erfolgt nach der Ideologie des Neoliberalismus auf Kosten sozialer, ökologischer, politischer und letztlich auch ökonomischer Rechte.

(15) "Warum eine Bewegung für dörfliche Produktion?
Ich hege keinen Zweifel daran, dass wir den nationalen Wohlstand heben, indem wir den Kleinstbetrieben helfen. Ich zweifle auch nicht, dass wahres Swadeshi darin besteht, die Heimarbeit zu bestärken und wiederzubeleben. Nur das allein kann den benachteiligten Millionen helfen. Sie könnten ihre Kreativität und ihren Einfallsreichtum umsetzen, zahllose arbeitslose Jugendliche würden eine Beschäftigung finden. All die Energie, die jetzt verloren geht, würde genützt werden. .... Die Idee hinter dem Aufbau einer Dorfproduktion ist die Selbstversorgung mit den Dingen des täglichen Bedarfs bzw. die Überlegung, wie man eventuell nicht so gut abgedeckte Bedürfnisse mit ein wenig Aufwand und Organisation auf profitable Weise von den Dorfbewohnern bereitstellen lassen könnte. Schätzt man den Gewinn ab, sollte man an die Dörfler denken, nicht an sich selbst. ... Die Dinge werden besser werden, wenn wir uns für den Erzeuger interessieren und uns darin engagieren, die Sachen besser zu machen."
aus: Mohandas Karamchand Gandhi, Village Industries Dörfliche Produktion, Eigenverlag Dancing Shiva, Wien, 2002, Seite 7


3.2. Sektion sozialverträgliche Wissenschaftskulturen

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For quotation purposes:
Arno Böhler (Wien): Vor der (imaginären) Gesetzes-Kraft. In: TRANS. Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften. No. 15/2003. WWW: http://www.inst.at/trans/15Nr/03_2/becker15.htm

Webmeister: Peter R. Horn     last change: 6.7.2004     INST