Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaften | 17. Nr. | Juni 2010 | |
Sektion 5.7. | 5.7. Fachsprachen – Kreativität und Verstehensprobleme Sektionsleiterin | Section Chair: Olga A. Kostrowa (Samara, Russland, Staatliche Pädagogische Universität) |
Olga Kostrova (Pädagogische Universität Samara, Russland) [BIO]
Email: Olga_Kostrova@mail.ru
1. Problemstellung: Bildungsprozessmanagement als Teil des institutionellen Diskurses
Die gegenwärtige Linguistik kennt noch keine eindeutige Definition des Begriffs Diskurs. Allein in Frankreich, wo der Begriff entstanden ist, zählt Patrick Sériot bis zu acht Interpretationen, indem er anfangs den Diskurs der parole von Saussure gleich setzt, dann aber bis zu feministischen und administrativen Diskursen kommt, die als Diskurstypen verstanden werden (1). In der deutschen Germanistik hat man bis vor kurzem ein anderes Forschungsparadigma vorgezogen, und zwar Textlinguistik, doch soziologische und pragmatische Forschungen haben auch in diese Tradition den Diskurs mit eingebracht. Seit Jürgen Habermas verbindet man den Begriff Diskurs mit diskursiven Praktika (2). In Russland dominieren in Diskursforschungen zwei Ansätze: der sozio-pragmatische und der systematische. Unter dem Diskurs versteht man Texte in der Situation des realen Kommunizierens (3), thematisch gebundene Texte (4)und Texte, die in einem funktionalen System relevant sind (5). Vom soziolinguistischen Standpunkt aus unterscheidet Vladimir Karasik den persönlich-orientierten und den status-orientierten Diskurs. Der letzte kann einen institutionellen Charakter haben, wenn unter bestimmten zeitlichen und räumlichen Bedingungen im Rahmen eines gesellschaftlichen Instituts kommuniziert wird (6).
Den Diskurs als Gesamtheit von thematisch gebundenen Texten führt man auf gesellschaftliche Kommunikationsbedürfnisse zurück (7). In der Tat haben spezifische Kommunikationssphären entsprechende Diskurse ins Leben gerufen. Einige von solchen Diskursen sind mehr oder weniger ausführlich beschrieben worden, beispielsweise pädagogischer, wissenschaftlicher, juristischer, medizinischer Diskurs (8), einschätzender Diskurs (9). Sie umfassen verschiedene institutionelle Kommunikationssphären, doch decken bei weitem nicht alle vorhandenen ab. Es betrifft vor allem Grenzfälle â Diskurse, die im Fusionsgebiet verschiedener Kommunikationssphären entstehen. So findet sich in dem Kommunikationsbereich zwischen Bildung, Wissenschaft, Informieren, Management und Pädagogik eine diskursive Mischform, die ich als Bildungsmanagementdiskurs bezeichne.
Unter dem Begriff Bildungsmanagement werden (Leitungs-)Aktivitäten verstanden, mit deren Hilfe in Bildungseinrichtungen Lehr- und Lernprozesse initiiert, geplant, durchgeführt und ausgewertet werden. Man unterscheidet in dieser Art Management zwei Abarten: Bildungsprozessmanagement und Bildungsbetriebsmanagement. In dem vorliegenden Beitrag wird die erste Abart diskutiert.
Unter Bildungsprozessmanagementdiskurs wird ein Fachdiskurs verstanden, dessen Ziel es ist, die Tätigkeit der Lehrenden und Studierenden zu regeln. In meiner Untersuchung beschränke ich mich dabei auf den Hochschulbereich. In Russland ist diese Art Diskurs unterentwickelt, deshalb erscheint das Problem aus interkultureller Perspektive besonders aktuell. Die Umgestaltung des russischen Bildungssystems in Richtung auf die Kompetenzorientierung der Studierenden stöβt auf groβe Schwierigkeiten. Dieser Prozess wird gehemmt einerseits durch das stabile von oben geregelte einheimische Bildungssystem, das sich jahrelang bewährt hat, andererseits aber dadurch, dass die Mobilitätsseiten des europäischen Bildungssystems in unserem Lande noch nicht genug bekannt sind. Aus dieser Sicht könnten die Erfahrungen der europäischen Hochschulen, die sowohl den Lehrenden, als auch den Studierenden groβe Wahl- und Mobilitätsmöglichkeiten gewähren, gesellschaftliche Transformationen in Russland begünstigen.
Andererseits muss berücksichtigt werden, dass der planmäβig gesicherte fundamentale Kern der einheimischen Bildung, der in der russischen Kulturtradition tief verwurzelt ist, eine zuverlässige Basis für jede Berufstätigkeit bildet. Inwieweit auch dieser Kern geändert werden muss, steht noch offen. Das Problem besteht aber auch in dem sich wandelnden Begriff der Fundamentalität, der heutzutage integriertes Wissen und integrierte Kompetenzen voraussetzt.
In meinem Beitrag möchte ich einige diverse diskursive Formen zur Diskussion stellen, die meines Erachtens Mechanismen und Mittel einer flexiblen Steuerung des kompetenzorientierten Bildungsprozesses in Deutschland zum Vorschein kommen lassen. Die Forschung soll die interkulturelle Spezifik der Textsorten in Bezug auf den Inhalt, Präsentationsformen und sprachliche Gestaltung durch Fachterminologie zeigen.
2. Forschungsstand und Methode
Bildungsmanagement ist eng mit Wissensmanagement verbunden. In beiden Fällen wird die Strukturierung des Wissens, der Bildungsstandards, der Fachprogramme, des Wissenstransfers studiert (10). Es geht nun darum, Bildungsmanagement als eine eigenständige thematische Sphäre aus dem Bereich des allgemeinen Managements zu etablieren, eine Sphäre, die dem entsprechenden Diskurs zu Grunde liegt und über eine eigene Fachsprache verfügt. Die Aktualität dieser Problematik hängt einerseits mit der europaweiten Umstrukturierung des Bildungsprozesses zusammen, an der sehr viele Menschen interessiert sind. Andererseits wird mit der Beschreibung einer neuen Abart der Fachsprache ein sprachliches Segment gedeckt, das noch im Entstehen begriffen ist. Die Fachsprache der Bildungsmanagementsphäre ist noch nicht als besonderes System analysiert worden. Dabei könnte sie als Modell der Zustände, Ereignisse und Tatsachen in diesem Bereich gelten (11) und zur Anordnung und Transfer von Wissen und Konzeptionen des Bildungsmanagements beitragen.
In Russland wird im Bildungsdiskurs auf die nationale Komponente der Bildungspolitik groβer Wert gelegt. Das Bildungsministerium Russlands hat am 3.08.2006 die âKonzeption der nationalen Bildungspolitik der Russischen Föderationâ bewilligt, in der Prinzipien und Prioritäten dieser Politik dargelegt sind. Diese Prinzipien sind durch den polyethnischen Charakter der russischen Gesellschaft bedingt und wurden bereits Ende des 18. Jahrhunderts in der Bildungspolitik mit dem Ziel verwirklicht, dem Separatismus vorzubeugen (12). Die Konzeption setzt voraus, dass in Russland ein allgemeingültiges einheitliches und ganzheitliches Bildungssystem geschaffen wird, das durch die ethnisch-regionalen Komponenten ergänzt und dadurch variiert wird. Als wichtigste Priorität wird hier die geistige Konsolidierung des multinationalen Volkes Russlands zu einer einheitlichen politischen Nation angesehen (13). Die Bildung wird als eine strategische Entwicklungsressource der polyethnischen Gesellschaft betrachtet. Es wird anerkannt, dass die Realisierung der polyethnischen Bildungspolitik nur auf Grund der Bi- oder Polykulturalität möglich ist (14). Es geht weiterhin darum, einen Mechanismus zu finden, der die Interessen von Subjekten des Bildungsraums koordinieren könnte, so dass der integrale Bildungsinhalt und die ethnisch-regionalen Komponenten einander nicht widersprechen.
Die Beibehaltung des integralen Pflichtkerns im Bildungsinhalt bedeutet, dass die Ausbildungsprogramme nach wie vor von oben vorgeschrieben werden. Dieses Prinzip wird aus sozial-psychologischer Sicht kritisiert. Das Hauptproblem sieht man in dem hohen Zentralisierungsgrad der Bildung, wobei das Bildungsmanagement autoritär-administrativ bleibt (15). Aus dieser Sicht erscheint es besonders wichtig, die linguistische Charakteristik der Bildungssphäre in den europäischen Staaten in Bezug auf die demokratische Steuerung des Bildungsprozesses zu untersuchen.
In Deutschland war der historische Hintergrund ein anderer. Seine konfessionelle Spaltung im 16. Jahrhundert hat sich auch auf die Bildungspolitik ausgewirkt. Wie Christoph Führ meint, âSeitdem gibt es keine zentralistisch festgelegten einheitlichen Erziehungs- und Bildungszieleâ (16). Auch heute liegen die bildungspolitischen Kompetenzen zum groβen Teil bei den Ländern. Die Bildungsreformen und die Bildungspolitik werden auch in Deutschland kritisiert (17). Der Bologna-Prozess wird als mögliche oder sogar unumgängliche Alternative verstanden, deren Realisierung der allgemeinen Globalisierungstendenz entspricht (18). Doch der bildungspolitische Diskurs als solcher ist, soweit mir bekannt ist, weder in Russland noch in Deutschland analysiert worden.
Da die genannte Diskursart erst eingeführt wird, kann ich mich nur auf die Analyse der Grenzdiskurse beziehen. So sind in Russland anhand der englischen Sprache solche Diskurse beschrieben worden wie die oben erwähnten institutionellen: der pädagogische, wissenschaftliche (19) und informierende Diskurs (20). Die Analyse erfolgt nach einem bestimmten Schema: es werden typische Diskursteilnehmer, der Chronotop, Ziele, Werte, Strategien, Genres, Präzedenztexte und diskursive Formeln beschrieben (21). In meiner Forschung werden viele von diesen Kategorien benutzt, wobei die Diskursteilnehmer, ihre Ziele, Werte und Strategien besonders beachtet werden. Der Chronotop wird nur umrissen: es sind Texte, die zeitlich im 21. Jahrhundert positioniert und in Deutschland und manchmal in Ãsterreich lokalisiert sind. Die empirische Analyse basiert vorwiegend auf Medientexten aus dem genannten Bereich. Es sind auch einige gedruckte Texte analysiert worden. Es wird sowohl auf den Inhalt, als auch auf die sprachliche Gestaltung der Fachtexte geachtet.
Wie oben angedeutet, stellt die Fachterminologie ein Problem für sich dar. In der mehrsprachigen Informationsgesellschaft ist Terminologie als Instrument der präzisen fachlichen Verständigung unentbehrlich. Zum Fachbereich Bildung hat man ein umfangreiches europäisches Glossar in drei Bänden vorbereitet, in dem solche Themen wie Prüfungen und Abschlüsse, Bildungseinrichtungen und Lehrpersonal zur Sprache kommen (22). Da aber Russland kein EU-Mitglied ist, bleibt unser Bildungssystem auβerhalb dieser vergleichenden Beschreibungen. In meinem Artikel konzentriere ich mich auf die inhaltliche Spezifik der deutschen Fachterminologie aus der Sicht der Russen, sowie analysiere ich einige Fragen der Wechselwirkung mit der Gemeinsprache und einigen anderen Fachsprachen, der Wortbildung und Bedeutungsentwicklung. In der syntaktisch-pragmatischen Analyse werden Formen interpretiert, die zur âLeserfreundlichkeitâ beitragen.
Ein besonderes Problem stellt die Identifizierung vom Genre der Internettexte dar. Internet nennt man bildhaft einen genrebildenden Kessel (23), in dem verschiedene Genres vermischt werden und neue Genres mit unscharfen Umrissen entstehen (24). Zu den prototypischen medialen Genres zählt Ulrich Schmitz  drei: Nachrichten, Werbung und interpersonelle Kommunikation (25). Was die Textsorten angeht, so meint Schmitz, es âentstehen neue Textsorten zwischen Kohärenz und Fragmentierungâ (26). Dabei bleibt das Verhältnis zwischen Genre und Textsorte unscharf. In der russischen Germanistik wird die Meinung vertreten, dass der Gebrauch dieser Termini auf die Tradition zurückgeht. In der Russistik und der russischen Germanistik hält man Genre für die kleinste textuelle Einheit mit einer ausgeprägten Funktion; in der Inlandsgermanistik nennt man solche Einheiten Textsorten (27). Ich schlieβe mich dieser Meinung an und stütze mich in meiner Untersuchung auf linguistische Charakteristiken der Textsorten, wie sie in einem thematisch nahe stehenden wissenschaftlichen Diskurses vorkommen. Eine besondere Berücksichtigung gilt dabei der kontrastiven Textologie. Kirsten Adamzik formuliert in diesem Zusammenhang eine Hypothese, die lautet: in einzelnen Kulturen finden sich nicht nur einzelne kommunikative Muster, sondern auch besondere komplexe interaktive Rahmen, die sich in einem Netz von Textsorten und diskursiven Systemen niederlassen (28). Von dieser Hypothese ausgehend, möchte ich Textsorten im deutschsprachigen Fachdiskurs Bildungsprozessmanagement im Kommunikationsbereich Hochschulbildung, vor allem in Bezug auf kommunikative Strategien vor dem Hintergrund der vorwiegend administrativen Steuerung, die im entsprechenden russischen Diskurs vorkommt, analysieren, um ihre Spezifik festzustellen.
3. Teilnehmer am Fachdiskurs und ihre Ziele
Den interaktiven Rahmen bilden im Fachdiskurs Hochschulbildungsprozessmanagement in Deutschland folgende wichtige Einrichtungen und Einzelpersonen. Die Bildungspolitik wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Hochschulinformationssystem (HIS), dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und dem Goethe-Institut bestimmt. Wenn wir diese zentralen Einrichtungen als System betrachten, tritt hervor, dass in diesem System Administrieren, der Meinungsbildungsprozess an den Hochschulen, die Förderung der Wissenschaft und der Wissenschaftler, die Verwendung der Informations- und Kommunikationstechnologien und Entwicklung der internationalen Kooperation, integriert sind. Wichtige Aufgaben des Bildungsprozessmanagements sind die Bildungsbedarfsanalyse, die Programmplanung, die Veranstaltungsdurchführung, die Prüfung, die Transfersicherung, die Evaluation und die Programmrevision.
Die Partnerseite bilden in diesem interaktiven Rahmen einzelne Hochschulen, Fakultätentage, die Bundeskonferenz der Frauenbeauftragten an den Hochschulen, die Rektorenkonferenz der Fachhochschulen für den öffentlichen Dienst, die Rektorenkonferenz der Musikhochschulen, die Rektorenkonferenz kirchlicher Fachhochschulen, Stiftungen, Studentenorganisationen sowie einzelne Lehrende und Studierende. Sie nehmen Informationen der zentralen Einrichtungen wahr und kommen mit ihren Ideen, Projekten und der Teilnahme am Bildungsprozess entgegen.
4. Prioritäten der Bildungspolitik
Die Kontent-Analyse der Texte aus dem Bereich Bildungspolitik hilft manche Mechanismen des Bildungsprozessmanagements zu verstehen. Von Seiten der bildungspolitischen Einrichtungen finden sich solche Sinneinheiten, die folgende Begriffsfelder bilden: Informieren, Prioritäten, Fördern und lebenslanges autonomes Lernen. Zum Begriffsfeld Informieren würde ich heutzutage solche sprachlichen Einheiten zählen, die Ausdruck für Informationsthemen sind und über elektronische Medien verbreitet werden, wie z.B. Bildungsserver, ein Informationsangebot für Bildungsplanung und Forschungsförderung, Orientierungshilfe, DAAD-EuroLetter, E-Journals, ein groβes Maβ an Autonomie, die  Bereitstellung von Informationen.
Prioritäten werden durch solche sprachlichen Einheiten hervorgehoben, die einerseits ökonomische Grundlagen der Bildung bezeichnen, andererseits ihren grenzenübergreifenden Charakter betonen. Dazu zählen beispielsweise Investitionen in Forschung und Entwicklung steigern, hochschulübergreifende Kooperation, technologieübergreifende Querschnittmaβnahmen, Bürokratieabbau, Akquise von Drittmitteln, rationell und wirtschaftlich, Sponsorenaquise, Alumniorganisation, Projekt- und Praxisbezug, Softwarenentwicklungen, ECTS, europäischer Hochschulraum, E-Bologna.
Das Begriffsfeld Fördern wird von sprachlichen Einheiten gebildet, die zum Ersten Symbole für neue Technologien sind, zum Zweiten Qualifizierungsperspektiven zeigen und zum Dritten den Themenbereich Förderungsmöglichkeiten decken. Dazu gehören entsprechend 1) Hightech-Strategie, Informationstechnologie, IKT-getrieben, Online-Version, PDF-Datei zum Download, Etablierung eines beruflich hilfreichen Netzwerkes, Wissens- und Technologietransfer, Umstrukturierung; Mobilität der Studierenden; 2) fachlich-inhaltliche Kompetenzen, Master-Studiengänge, Zukunftsfelder, zur Qualifizierung entsenden, Bewerbungen, Prüfungsordnungen, zulassen, das Leistungspunktesystem; 3) Förderpolitik, Ausschreibungen, Unternehmenssteuerreform, TOP-Kurse, bundesweit..
Das Begriffsfeld autonomes Lernen wird von solchen Einheiten gebildet, die die innere Motivation zum Studium entwickeln. Sehr deutlich kommt dieses Begriffsfeld im âGemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachenâ zum Vorschein. Hier wird ständig an die Benutzer dieses Referenzrahmens appelliert, die bedenken und, soweit sinnvoll, angeben sollten, was und unter welchen Bedingungen sie können sollten und auf welche Weise sie zu diesem Können gelangen (29). Es werden also nicht die Pflichten der Studierenden beschrieben, sondern die Möglichkeiten, nach denen sie greifen können, um das Niveau ihrer Wahl zu erreichen. Dazu verhelfen zahlreiche detaillierte Kannbeschreibungen (30). Dieses Begriffsfeld  ist im Wesentlichen durch die Verben und Wendungen der mentalen Tätigkeit geprägt, die auch die Sprechtätigkeit umfasst, solche wie bedenken, angeben, beschreiben, bewältigen, sagen, buchstabieren, erfragen, verstehen, zusammenfassen, weitergeben, herausfinden, erklären, Informationen geben, auf etwas Bezug nehmen, Antworten geben, Informationen einholen, Anweisungen geben u.s.w. Eine besondere Rolle kommt dem Modalverb  können zu, das alle Kannbeschreibungen einleitet und sogar ohne explizites Subjekt gebraucht wird (31). Die ständige Wiederholung des Modalverbs flösst den Lernern Mut zum Studium ein.
Das Begriffsfeld lebenslanges Lernen konzentriert sich um die Stichwörter Weiterbildung, Postgraduierte  und Alumni. Es überlappt sich auch mit dem Begriffsfeld Fördern, denngefördert werden sowohl Studierende, als auch der wissenschaftliche Nachwuchs.
Die angeführten Begriffsfelder kann man als Zeichen einer indirekten Steuerung interpretieren, die auf die Innenwelt eines Menschen orientiert ist mit dem Ziel, ihn zum Studium zu motivieren. Diese Zielsetzung steht im Einklang mit dem Postulat, dass die Bildung eine strategische Ressource der Gesellschaft bildet.
Diese Bildungspolitik wird teilweise von der aufnehmenden Partnerseite fortgeführt. Ich meine die Universitäten und pädagogische Hochschulen, die die unmittelbare Brücke zu den Studierenden bilden. Dieselben Begriffsfelder sind dabei an konkretere Rezipientengruppen gerichtet. Sie lassen sich in Textsorten nieder, die ich weiter analysiere. Die Studierenden sind auch aktiv, was man beispielsweise an den Einschätzungslisten sehen kann. Doch in erster Linie sind sie aktive Benutzer der ihnen angebotenen Textsorten.
5. Textsorten im deutschen Bildungsprozessmanagementdiskurs
Laut Michel Foucault kann der Diskurs nur archäologisch ermittelt werden [Foucault 1969]. Dieser Gedanke scheint mir sehr wichtig zu sein, besonders im Zusammenhang mit der Identifizierung von Textsorten. Tatsächlich, der Diskurs wird von Aussagen gebildet, die dispositiv, das heiβt an verschiedenen Stellen vorkommen. Sie werden aber als etwas Ganzes aufgefasst, weil sie alle die gleiche Formation haben. Die Formation wird durch bestimmte Formationsregeln zusammengehalten. Wie Christian Pentzold meint, sind diese Regeln âauf einer semantischen Ebene eher als Regeln der Bedeutungserzeugung und auf einer institutionellen als stabilisierte Praxen der Diskursproduktion konzipiertâ (32). Das Formationssystem bestimmt die Konstitution der Gegenstände, die Auswahl der sprachlichen ÃuÃerungen und Begriffe, die Position des Subjektes und die Wahl der Strategien (33). Ein Formationssystem [â¦] zu definieren, â schreibt Foucault â heiÃt also, einen Diskurs oder eine Gruppe von Aussagen durch die RegelmäÃigkeit einer Praxis zu charakterisieren (34).
Die Textsorten, die die âAtomeâ des Diskurses bilden, kann man kognitiven Strukturen gleich setzten, die nach Funktionen im Bildungsprozessmanagement differenziert sind. Die differenzierenden Funktionen sind:
Diese Funktionen können einzeln und in Kooperation auftreten. Sie gelten als Definitionskriterien sowohl für mediale, als auch für gedruckte Texte. Doch die medialen Internettexte haben ihre Spezifik. Ulrich Schmitz schreibt in diesem Zusammenhang: âZu den herkömmlichen mündlichen und schriftlichen Formen gesellen sich mit zunehmender "Technologisierung des Wortes" [â¦] und Digitalisierung der Kommunikation [â¦] immer mehr und immer mächtiger auch neue Sprechweisen und Kommunikationsformenâ. Und etwas weiter: âInternet und neue Medien tragen neben den alten auch neue Textsorten, und die nur eine kurze Epoche währende Vorrangstellung linearer schriftlicher Mitteilungen [â¦] neigt sich dem Ende zu.â (35). Aus dem letzten Zitat geht hervor, dass neue Textsorten nicht mehr linear sind, also Hypertexte darstellen. Dale Spender charakterisiert die neuen Eigenschaften des Internets folgenderweise: â'Knowledge' becomes unstableâ, âKnowing where and how becomes more important than knowing whatâ, âEverybody becomes a publisherâ (36). Diese Eigenschaften der Internetkommunikation werden auf die Textsorten projiziert. Die Internettexte sind dementsprechend
Unter den medialen Hypertexten, die von zentralen Bildungsorganen geschaffen und im Netz ausgestellt sind, lassen sich â nach dem oben formulierten Kriterium â mehrere Textsorten unterscheiden. Die wichtigsten davon sind: Information, Anordnung, Werbung, Kommentar, Abstimmungsplakat, Ausschreibung, Nachschlagewerk, Letter. Wenden wir uns diesen Textsorten zu.
Informierende Textsorten machen mit Beschlüssen von entsprechenden Organen bekannt, bringen Studienangebote. Sie dienen dazu, die Bildungspolitik des Staates der Bevölkerung klar zu machen, indem sie Ziele, Aufgaben und Prioritäten dieser Politik erklären und konkrete Möglichkeiten ihrer Realisierung aufzeigen. Sie können auch als Orientierungshilfen benutzt werden. Dementsprechend kann man die pragmatische Ausrichtung dieser Textsorte einerseits in der Aufklärung sehen, andererseits aber in der Anregung zur Selbstbestimmung, die durch die Wahl aus mehreren Möglichkeiten geschieht. Diese Wahl betrifft sowohl allgemeine Prioritäten, als auch konkrete Studienrichtungen und Qualifikationen. Diese Textsorten sind meistens linear zusammengestellt.
Unter der Textsorte Anordnung sind zahlreiche Prüfungsordnungen zu nennen. Von den zentral geregelten Prüfungen, die für ausländische Studierende von erstrangiger Bedeutung sind, ist es z.B. Test-DaF mit verschiedenen Stufen. Das Ziel dieser Textsorte besteht nicht nur darin, geforderte Kompetenzen zu beschreiben, sondern auch darin, ausländische Studierende zum Lernen und zur Selbsteinschätzung zu motivieren. Konkrete Ausrichtung der Anordnungen macht sie zu einem fragmentarisch-verlinkten Genre.
Eine spezifische Textsorte stellen Abstimmungsplakate (37) dar. Nach textexternen Kriterien sind sie als bildungspolitische Marketingmittel zu definieren. Der Charakteristik von Judith Arnold zufolge ist das Abstimmungsplakat von einer starken Reduktion auf das Wesentliche geprägt. Im Bildungsprozessmanagement gibt es beispielsweise verschiedene Einschätzungslisten, die nur Resultate der Bewertungen tabellarisch ausstellen. Eine solche Liste heiβt âTOP- und FLOP-Professorenâ (38) und wird von einzelnen Hochschulen und bundesweit geführt. Die Professoren und ihre Kurse werden von den Studierenden eingeschätzt. Es ist eine Werbung und Gegenwerbung zugleich.
Die Einschätzungslisten sind ebenso wie Prüfungsordnungen zweiseitig ausgerichtet. Die Professoren werden dadurch angeregt, ihre Veranstaltungen auf einem hohen Niveau durchzuführen. Die Studierenden bekommen eine reale Möglichkeit, den Lehrprozess zu beeinflussen. Solche Listen haben eine provokatorische Funktion. Sie spiegeln den psychologischen Zustand der Studierenden wider und rufen einen ähnlichen psychologischen Zustand bei den Professoren hervor (39). Das ist m.E. eine neue Textsorte, die eine alte Tradition wieder belebt und ausgesprochen fragmentarisch, provokativ-einschätzend ist.
Die Ausschreibungen werden vom DAAD, DFG, dem Goethe-Institut und verschiedenen Stiftungen erklärt. Sie enthalten Bewerbungsbedingungen und Formulare. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Bewerber mit einer Reihe von Textsorten vertraut sind, mit solchen wie Lebenslauf, Projektbeschreibung, Anmeldung.
Das Hauptanliegen der Ausschreibungen besteht in der Förderung der Studierenden und Postgraduierten. In diesem Sinne stellt diese Textsorte ein Fragment der Bildungspolitik dar. Durch die Themengebung werden dem wissenschaftlichen Nachwuchs Forschungsprioritäten gezeigt.
Eine relativ neue Textsorte ist der Letter. Es gibt bisweilen einige Arten davon, z.B. News-Letter, DAAD-EuroLetter. Ihre Zielgruppen sind sowohl Professoren, als auch Studierende. Die Letter enthalten laufende Informationen aus dem Hochschul- und Studentenleben.
Auf der Partnerseite der zentralen bildungspolitischen Organe entstehen andere Textsorten, um diese Bildungspolitik zu entwickeln und den Auszubildenden näher zu bringen. Von diesen Textsorten analysiere ich einige universitäre Web-Sites, Vorlesungsverzeichnisse der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und Informationen für ausländische Studierende dieser PH.
Universitäre Web-Sites stellen Hypertexte dar, die einige Textsorten vereinigen. Sie haben eine bestimmte Struktur, in der jeder Teil eine besondere pragmatische Aufgabe hat. Dominierend ist die Textsorte Werbung. Sie wird mit einem Imageteil eröffnet, der einen positiven Eindruck von der Universität verschafft. Sehr wichtig ist hier der Begriff Exzellenzinitiative (40), der das Forschungsniveau der Universität präsentiert.
Informierende Textsorten sind zum Teil als linearer Text gegeben, zum Teil aber tabellarisch.  Der lineare Teil widmet sich der Geschichte der Lehranstalt. Zugleich aber, da die Tradition und somit die Qualität der Bildung hervorgehoben werden, wirkt auch dieser Teil als verdeckte Werbung. Tabellarische Textsorten enthalten Fakten und Zahlen über die Universität. Sie können auch die Form von Rastern haben, in denen beispielsweise Leistungen der Exzellenzcluster angeführt sind, wie die Konnektivitätsmatrix der involvierten Kompetenzfelder (41). Dabei verflechten sich wieder Information und Werbung.
 Eine ähnliche Verflechtung von Genres weisen auch andere Textsorten auf, in denen das Lehrangebot und somit die Studiumsmöglichkeiten zur Wahl gestellt (42) und die Möglichkeiten der Weiterbildung (43) gezeigt werden. In einer besonderen Textsorte sind Kontaktmöglichkeiten angegeben, die Rückmeldungen voraussetzen. Diese Textsorte erfüllt im Bildungsprozessmanagement eine dialogisierende Kontaktfunktion und trägt zur Selbstbestimmung und Motivation der Auszubildenden bei.
Auf Hilfe orientiert sind informierende Textsorten für Studierende. So hat die Universität Hamburg ein Informationsnetz für Studierende eingerichtet unter dem Titel âSTiNE ist für Sie da!â (44). Der Titel weist auf die dialogische Strategie hin.
Die Textsorte Nachschlagewerk ist in Vorlesungsverzeichnissen realisiert, die jedes Semester gedruckt und ins Netz gestellt werden. Für Studierende dienen sie als Orientierungshilfen, sollen Anregungen zur Wahl von bestimmten Fächern motivieren und den Kontakt mit Lehrkräften ermöglichen. Für Lehrende ist die regelmäβige Herausgabe von solchen Verzeichnissen ein disziplinärer Faktor, denn sie wissen, dass sie das nächste Semester im Voraus planen müssen und dass sie für Kontakte offen sind. Auf solche Weise bilden Vorlesungsverzeichnisse eine stabile Grundlage für konkrete Ausbildungsprozesse. Andererseits sind sie ein Mittel, Veränderungen im Lehrprozess zu registrieren und die Lehrkräfte zur Einführung neuer Kurse anzuregen. Die Vorbereitung der Vorlesungsverzeichnisse erfolgt öffentlich in den Fachschaftssitzungen und lässt bestimmte Korrekturen, auch von Seiten der Studierenden, zu.
Für ausländische Studierende, besonders aus den Nicht-Eu-Staaten, sind Informationen über die Regelungen im Rahmen des europäischen Bildungsprozesses schwer zu übersehen. Darin wird das ECT-Punkte-System erklärt, sowie Rechte und Pflichten der Studierenden. Das Ziel solcher Veröffentlichungen ist die internationale Kooperation im Hochschulbildungsprozess zu organisieren und letzten Endes einen einheitlichen europäischen Bildungsraum zu schaffen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die betrachteten Textsorten ein System bilden, das die gesetzten Ziele und Prioritäten der Bildungspolitik im Wesentlichen deckt. Es gibt informierende, regelnde, werbende, Förderung versprechende, einschätzende und auf Kooperation gezielte Textsorten, von denen die meisten in elektronischen Medien zu finden sind und schon damit eine neue kommunikative Kultur ins Leben rufen. Die meisten von ihnen schweben zwischen Kohärenz und Fragmentierung und beanspruchen einen interaktiven Ansatz. Allen  herausgefundenen Textsorten scheint wirklich die gleiche Formation zugrunde zu liegen, die für den Bildungsprozessmanagementdiskurs in Deutschland charakteristisch ist. Landesspezifisch, wenigstens im Vergleich zu Russland, ist die Modalität der Texte, die ich im Allgemeinen als milde Steuerung bezeichne. Im Weiteren wird der gesamte Diskurs ohne Genreunterschiede systematisch analysiert.
6. Ebenen der Kreativität
Die Kreativität des uns interessierenden Fachdiskurses kann auf drei Ebenen interpretiert werden, die ich früher anhand der expressiven Syntax des Deutschen beschrieben habe (45). Auf der Oberflächenebene werden spezifische sprachliche Mittel registriert, die für entsprechende Textsorten relevant sind. Die Kreativität wird hier in Gebrauchspräferenzen realisiert. Auf der semantischen Tiefenebene verfolge ich die Bedeutungsentwicklung durch Metaphern und Metonymien, sowie durch Begriffsdifferenzierung. Auf der metasprachlichen Ebene werden Funktionen der genannten Mittel im Fachdiskurs bestimmt.
6.1. Die Oberflächenebene
Zu den sprachlichen Mitteln, die auf Internetseiten in der Kommunikationssphäre Bildungsprozessmanagement auffallen, gehören englische Entlehnungen, eine Menge von Abkürzungen einerseits und der zusammengesetzten Wörter andererseits. Unter den Satztypen finden sich oft Fragesätze, das sind oft konkrete Informationsfragen mit wo, wann, wie  und anderen Fragewörtern. Oft kommen auch Sätze mit Aufzählungen vor, wobei jedes Glied der Aufzählungsreihe als selbstständige Zeile auftritt, so dass die Reihe eine Kolumne bildet. Um den Sinn der genannten Mittel zu verstehen, gehen wir zunächst auf die Tiefenebene, Präferenzen für ihre Auswahl analysieren wir auf der Metaebene.
6.2. TiefenebeneAuf der Tiefenebene lassen sich vor allem die Bedeutungsdifferenzierung und der Bedeutungswandel erklären.
Der Fachwortschatz der uns interessierenden Sphäre entwickelt sich rasch, denn er muss mit der Entwicklung des Bildungsprozesses Schritt halten. Es entstehen neue Termini, die zweierlei Funktionen haben: um neue technologische Begriffe zu bezeichnen und Globalisierungstendenzen im Rahmen des vereinten Europas zu widerspiegeln.
Der Nominierungsprozess wird in der letzten Zeit immer öfter als kognitive Tätigkeit angesehen, die auf den menschlichen Fähigkeiten zur Strukturierung des Wissens basiert, und zwar zu seiner Wahrnehmung und Kategorisierung (46). Diese These scheint mir auch für die Analyse des terminologischen Systems im Bildungsprozessmanagement grundlegend zu sein. In diesem System lassen sich folgende Strukturelemente und ihre Funktionen beobachten.
Strukturelemente: Gattungsart; Prozess; mentale Handlung. Sie nominieren neu entstehende oder neu detaillierte Begriffe des Kommunikationsbereichs. Unter den Strukturelementen, die Abarten der Kategorien im Bildungsmanagement bezeichnen, sind heutzutage zwei Toponyme besonders aktuell: Bologna und Europa. Sie werden als Symbole für die Globalisierungsprozesse im Hochschulbereich gebraucht, oft in metaphorischer oder metonymischer Bedeutung.
Das Strukturelement Gattungsart scheint in der betrachteten Sphäre besonders produktiv zu sein. Das kann dadurch erklärt werden, dass im Fachwortschatz dieser Sphäre oft Lexeme aus der Gemeinsprache oder aus dem Bereich des allgemeinen Managements detailliert werden, wodurch der allgemeine Gattungsbegriff zu einer Artbezeichnung wird. Häufig wird diese Detaillierung durch Hinzufügung einer Bestimmungskomponente als Teil einer Zusammensetzung oder als Attribut realisiert. So unterscheidet man verschiedene Prüfungs- und Vorlesungsarten: Zwischen-, Abschluss- Modulabschluss-, BA/MA-Prüfungen; Űberblicks- und Grundlagenvorlesungen. Detailliert werden auch verschiedene Angebote und Arten von Studiengängen: Informationsangebot, multimediale Studienangebote; Ausbaustudiengänge,  Aufbaustudium, Bachelor- und Masterstudiengänge, berufsbegleitende und berufsintegrierte Studiengänge, internationale Studiengänge. Es kommen auch nachgestellte Attribute vor: Studiengänge mit bundesweiter Zulassungsbeschränkung, Akquise von Drittmitteln. Detailliert beschrieben werden auch Begriffe des allgemeinen Managements: Praktikumsbörse, Orientierungshilfe, Finanz- und Rechtsträger, Studien- und Prüfungsordnung, interdisziplinäre Projekte.
Viele Strukturelemente, die eine Gattungsart bezeichnen, sind Abkürzungen, die selbständig oder im Bestand der Zusammensetzungen auftreten. Die Abkürzungen als Phänomen der sprachlichen Kreativität sind in der Fachkommunikation unentbehrlich, denn sie helfen Zeit und Raum sparen. Sie lassen sich nur mit Hilfe von Hintergrundkenntnissen entziffern. Zu den Abkürzungen in der betrachteten Gattungsart gehören beispielsweise Namen der bildungspolitischen Organe und Begriffe: BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung), HRK (Hochschulrektorenkonferenz), DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft), DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst), HIS (Hochschulinformationssystem), HŰF (Hochschulübergreifende Fortbildung), LMU (Ludwig-Maximillians-Universität München), GER (gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen), KSE (Kontaktstudium Erwachsene), ZHRM (Zentrum für Human Ressource Management, DSH (deutsche Sprache für die Hochschule), KIZ (Kommunikations- und Informationszentrum), SPAS (schulpraktische Arbeitsstelle), TRAFO (Förderung transferorientierter Forschung an Fachhochschulen).
Andere Abkürzungen bezeichnen häufig gebrauchte Begriffe aus dem Studentenleben oder aus dem High-Tech-Bereich: SoSe (Sommersemester), WiSe (Wintersemester), BAföG, StuB (Studien- und Berufswahl), EU-Projekte (Projekte der Europäischen Union), IKT (Informations- und Kommunikationstechnologien), PDF-Datei. Viele Abkürzungen sind englischer Herkunft: FAQ (häufig gestellte Fragen), ECTS (European Credit Transfer System), BA-Prüfung (Bachelorprüfung), MA-Studiengang (Masterstudiengang), ICGS (International Center for Graduate Studies).
Strukturelement Prozess ist auch frequent, weil es den Vorgangscharakter der untersuchten Sphäre widerspiegelt. Die Lexeme, die die prozessuale Semantik oder Resultate des Prozesses aufweisen, sind oft Substantive mit dem Suffix âung: die Beratung, die Förderung, die Bewerbung, die Ausbildung, die Softwarenentwicklung, die Akkreditierung, die Meinungsbildung, die Umstrukturierung, die Ausschreibung. Der Prozess wird nicht selten als Gattungsart definiert: Bereitstellung von Informationen, Rationalisierung der Hochschulverwaltung, Anrechnung / Förderung beruflicher Qualifikationen. Einen dauernden Prozess bezeichnen auch Substantive mit dem Suffix âtion, die zugleich auch eine Gattungsart angeben: hochschulübergreifende Kooperation, Investitionen in Bildung und Erziehung. Â
Aus der Sicht der russischen Germanisten und Deutschlehrer fallen die Termini auf, die im gemeinsamen europäischen Referenzraum für Sprachen gängig sind. Der handlungsorientierte Ansatz fordert eine detaillierte Bewertung der Sprachkompetenz auf verschiedenen Niveaus. Beim autonomen Lernen und auch beim Spracherwerb unter Anleitung des Lehrers müssen die Lernenden ihre Fähigkeiten und Leistungen identifizieren. Zur Bezeichnung dieser Fähigkeiten und Leistungen werden differenzierte Termini gebraucht, vgl.:
Kannbeschreibungen (globale und detaillierte), Lernzielbestimmungen, Niveaubeschreibungen. Die Bewertungen werden mit Hilfe von 13 Abarten dieses Begriffs bezeichnet. Einige davon sind: normorientierte Bewertung, kontinuierliche Beurteilung, direkte Beurteilung, Einstufung auf einer Skala, ganzheitliche Beurteilung, Fremdbeurteilung (47).
Der Prozess wird auch durch englische Entlehnungen bezeichnet: Power-Point-Präsentation; nicht selten in Form von Gerundiven: E-Learning(eLEARNING), Networking, blended Learning, Bildungsmonitoring. Der Prozess kommt noch durch andere substantivische Fremdwörter zur Geltung: die Akquise von Drittmitteln, Sponsorenakquise, Wissens- und Technologietransfer, Alumni-Management.
Eine Sonderstellung kommt den lateinischen Entlehnungen zu, die nicht häufig sind und wohl deswegen besonders auffallen. Als Beispiel kann ich eine markante Wortgruppe zur Bezeichnung eines Preises anführen: Ars legendi-Preis für exzellente Hochschullehre, der von dem Stifterverband für die deutsche Wissenschaft und der HRK jährlich verliehen wird. Populär ist auch die lateinische Entlehnung Excellenz, die zur Bezeichnung der hervorragenden Leistungen in den Zusammensetzungen Excellenzinitiative, Excellenzcluster gebraucht wird.
Verben und Wendungen, die mentale Handlungen bezeichnen (siehe oben), sind im Wesentlichen auf Nutzung von Informationen eingeschränkt. Man kann sie deswegen als eine Űbergangszone zwischen den Begriffsfeldern Informieren und autonomes Lernen auslegen.
Wenn wir die differenzierten Begriffe inhaltlich analysieren, so können wir sie in die thematischen Bereiche Informieren, Prioritäten schaffen, (neue Technologien) fördern, Sponsoren finden, autonom Lernen eingliedern. Man kann diese thematischen Bereiche als Rahmenbedingungen der Bildungspolitik verstehen.
Die Bedeutungsentwicklung realisiert sich meistens als Bedeutungsübertragung. Dabei wird beispielsweise die Theatermetaphorik benutzt. So hat das Wort Veranstaltung die Bedeutung von Unterrichtseinheiten bekommen, die traditionell Vorlesung oder Seminar hieβen. Auf diese Weise erhalten die Universitätsveranstaltungen einen Anflug von der Spieltätigkeit: sie werden dialogisiert sowie mit technischen Medien durchgeführt. Diese Entwicklung könnte man darauf zurückführen, dass eine neue Generation von Lesern aufgewachsen ist. Dale Spender beschreibt diese Generation, die mit Multimedia vertraut ist, als eine dem Theater nahe, denn ihre Rolle beim Lesen ist viel aktiver und nähert sich einem Schauspieler (48).
Eine metaphorische Umdeutung hat m.E. das Wort Ansicht erlebt, indem es im Bestand der Zusammensetzungen zur Bezeichnung der am Bildschirm erscheinenden Regelungen gebraucht wird, z.B.: Semesteransicht, Vorlesungsansicht. Metaphorischen Sinn gewinnen die Komposita eLearning-Barometer und eLearning-Stammtisch (49).
Einen metaphorischen Sinn weisen auch solche Wortgruppen auf wie IKT-getriebene Bereiche (Logistik, Medizintechnik), virtuelle Hochschule (Hochschule, die nur in unserer Vorstellung oder als Computermodell existiert), europäischer Hochschulraum (ein einheitlich vorstellbarer Hochschulraum Europas), virtueller Bildungsraum (ein Bildungsraum, der im Netz existiert), Fahrplan Initiativen (Initiativen, denen man grünes Licht geben muss); solche Zusammensetzungen wie Zukunftsfelder (Bereiche, die eine groβe Zukunft haben), IKT-Innovationsmotor (jemand, der IKT-getriebene Innovationen initiiert).
Metonymische Bedeutungsentwicklungen lassen sich an einer Reihe Abkürzungen verfolgen, wobei das abgekürzte Element eine Funktion symbolisiert. Vgl.: E-Learning, E-Bologna.
Die Erweiterung des Bedeutungsumfangs haben solche Substantive erlebt, wie Hochschule und Raum in terminologischen Wortgruppen: virtuelle Hochschule (eine Hochschule, die nur in unserer Vorstellung oder als Computermodell existiert), europäischer Hochschulraum (gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Hochschulen), virtueller Bildungsraum (ein Bildungsraum, der im Netz vorhanden ist).
Eine ähnliche Bedeutungsentwicklung beobachten wir im Wort Alumni  in der Bedeutung der ehemalige Stipendiat, der ehemalige Abgänger. Ursprünglich bedeutete das Wort Zögling einer geschlossenen Lehranstalt.
Der Vergleich der angeführten Termini mit der Terminologie aus dem Bereich des allgemeinen Betriebsmanagements zeigt groÃe Unterschiede. Es tauchen natürlich solche Termini aus dem allgemeinen Management auf wie Corporate Design, Virtueller Rundgang, Quicktime Info. Doch habe ich in dem terminologischen Wörterbuch, das dem Buch von D. Hahn über die Controllingkonzepte hinzugefügt ist und 138 Termini enthält, nur folgende 6 lexikalische Einheiten entdeckt, die in beiden Sphären gebraucht werden, wobei doch ihre Bedeutungen nicht immer zusammenfallen: Leistung, Gesellschaft, Zentrale, Forderung, Planung, Portfolio (50). Der Vergleich soll überzeugen, dass im Bildungsprozessmanagement mit anderen Einheiten operiert wird, als im Betriebsmanagement.
6.3. Die MetaebeneAuf der Metaebene kann man Funktionen interpretieren, die die betrachteten sprachlichen Einheiten im Fachdiskurs spielen. Ich gehe dabei in der Richtung von der Wortbildung zu der Textsorte.
Die Funktion der begriffsdifferenzierenden Zusammensetzungen sehe ich darin, dass sie den terminologischen Bereich Bildungsprozessmanagement aus dem allgemeinen Management absondern. Englische Entlehnungen kommen vorwiegend bei dem Thema Globalisierung vor, die sich durch das Internet realisiert. Sie ersetzen deutsche Wörter wie im Falle PDF-Datei zum Download statt zum Herunterladen. Manchmal gibt es gar keine deutschen Entsprechungen, vgl.: Mailinglisten, Online-Versionen, ECTS. Manche Textsorten sind nur in der englischen Version vertreten (51). Die Präferenzen im Gebrauch der modernen Lingua franca zeugen davon, dass dem Deutschen seine Statusrolle abgesprochen wird. Dieser Prozess findet auch darin Ausdruck, dass in Deutschland viele Studiengänge auf Englisch angeboten werden. Der Gebrauch der englischen Sprache gewährleistet eine weltweite Informierung und Verständigung.
Die Bedeutungsentwicklung in Richtung Metaphorisierung übernimmt im Fachdiskurs eine engagierende Funktion, deren Ziel ist es, junge Leute, aber auch Erwachsene für den Ausbildungsprozess zu gewinnen. Dadurch wird eines der wichtigsten Prioritäten der Bildungspolitik realisiert: Bildung als strategische Ressource der Gesellschaft.
Ein wichtiger Trend des Bildungsprozessmanagements, der im Fachdiskurs auftaucht, ist die Virtualisierung der Bildung. Diese Tendenz zeigt sich sowohl im häufigen Gebrauch des Lexems virtuell, als auch in der Vernetzung von Universitäten und Ausbildungsprogrammen, von welchen viele nur im Netz zugänglich sind. Die Virtualisierung ist eine Kehrseite der Globalisierung, was an solchen Termini zu sehen ist wie europäischer Hochschulraum, Europäischer Referenzrahmen, E-Bologna, E-Learning.
Noch ein bemerkenswerter Zug des Bildungsprozessmanagements ist die Dialogisierung dieses Prozesses, die man als Gegenpol des Administrierens auslegen kann. Den Höhepunkt der Dialogisierung kann man beispielsweise auf der Web-Site der Universität Stuttgart sehen, wo es um die Gleichstellung für Studierende und wissenschaftlich Beschäftigte geht. Die Gleichstellung bedeutet gleiche Kommunikationsbedingungen, erleichtert also den Dialog. Eine Einladung zum Dialog kann man auch in dem Stil sehen, in welchem zum Beispiel die Fachschaft am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg vorgestellt wird: Die Fachschaft - schafft und entfacht! (52).
Die Dialogisierung kommt also sehr deutlich in den informierenden Websites der Universitäten und Institute zum Ausdruck. In der Inhaltskolumne findet man fast ausnahmslos die Abkürzung FAQ, wo häufig gestellte Fragen angeführt werden. Dabei wird auch der stilistische Einstiegseffekt benutzt, indem in den Fragesätzen das Pronomen ich als Subjekt gebraucht wird. Vgl.: Wie melde ich mich� Was muss ich� Kann ich� Die Fragen werden auch beantwortet, vgl.:
In welchen Fällen kann ich von den Studiengebühren befreit werden?
Befreiung von den Studiengebühren ist möglich,
Als Fragen sind häufig  Links in Hypertexten gestaltet, beispielsweise auf der Web-Site des Test-DaF-Instituts finden sich solche Links wie: Wo Test DaF geprüft wird oder Wann Test DaF geprüft wird. Die Dialogisierung kann auch beinahe provokativ wirken: Fit für den TestDaF? (54)
Einladend wirken auch direkte Höflichkeitsanreden, welche den Eindruck einer unmittelbaren Ansprache vermitteln. Vgl.: Hier finden Sie das aktuelle Studienangebot. Als Zeichen der Dialogisierung kann m.E. auch der Doppelpunkt betrachtet werden, der eine erläuternde Funktion übernimmt. Vgl. Sie einen Auszug aus der Web-Site der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg:
Die Fakultät II, Fakultät für Kultur- und Naturwissenschaften, gliedert sich in die Institute:
7. Das Fazit
Die von Foucault festgestellten Elemente des Formationssystems der Textsorten finden sich in den diskursiven Praktika des Bildungsprozessmanagements. Die Texte dieser Praktika sind Bestandteile eines globalen Gegenstandes, der in der Titelbezeichnung des Diskurses enthalten ist. Die Auswahl der Begriffe, wie unsere Analyse der Termini gezeigt hat, ist durch bestimmte Gesetzmäβigkeiten geregelt. Sie umfasst die Begriffssphäre zwischen Management, Wissenschaft, Wissenstransfer und Pädagogik. In dieser Sphäre kommen die sozialen Konzepte Globalisierung und Virtualisierung zum Ausdruck. Die Wahl der syntaktischen Strukturen und Modi zeugt von interaktiven Strategien der Diskurssubjekte, die auf demokratische Steuerung orientiert sind.
Da der Bildungsprozessmanagementdiskurs zum groβen Teil im Internet realisiert ist, muss hier vor allem über Hypertext als Hypertextsorte gesprochen werden. Der Hypertext enthält gewöhnlich alle möglichen Textsorten, die miteinander verlinkt sind: informierende, erläuternde, werbende, einschätzende, auf Hilfe orientierte, Prioritäten formende und Förderungsmöglichkeiten zeigende.
Die strukturell-semantische Interpretation der Fachwörter und -wendungen aus dem Fachdiskurs Bildungsprozessmanagement ergibt sprachliche Einheiten, die die Themenbereiche Informieren, Prioritäten schaffen, fördern, autonomes Lernen decken und als Zeichen einer indirekten Steuerung bei der Gestaltung der Bildungspolitik betrachtet werden können, einer Politik, die auf innere Motivation der Menschen abzielt. Die metaphorischen Umdeutungen schaffen dabei einen emotionalen Hintergrund.
Auf der Meta-Ebene kann der Bildungsdiskurs aus der Sicht seiner Beziehungen im Rahmen der Gesellschaftsentwicklung eingeschätzt werden. Hier lassen sich seine systematischen Verbindungen mit sozialen Konzepten Globalisierung, Virtualisierung, Dialogisierung feststellen. Dieselben sozialen Konzepte stellen Rahmenbedingungen für die Kreativität der Textsortenbildung dar.
Die Globalisierung kommt in der Tendenz zum Vorschein, englische Entlehnungen zu gebrauchen und Informationen parallel in zwei Sprachen zu geben: deutsch und englisch oder sogar nur englisch. Die Virtualisierung hat geraffte / tabellarische informierende Textsorten ins Leben gerufen. Ein anderer Ausdruck der Virtualisierung sind beispielsweise on-Line-Prüfungen. Die Dialogisierung findet sich in speziellen Textsorten wie in Einschätzungslisten und in den auf Kooperation gezielten Textsorten. Auch dem Stil nach sind viele Hypertexte dialogisierend.
Die Tendenz zur Herabsenkung der Statusrolle des Deutschen kann man als Keim einschätzen, der Widersprüche innerhalb des globalen europäischen Bildungssystems hervorbringt. Diese Widersprüche können, wenn sie unbeachtet bleiben, zur steigenden Faktorisierung des Systems führen, das heiβt zu einem Zustand mit unabhängigen Bestandteilen (56).
Die durchgeführte Forschung zeigt, dass die Sprache als ein transdisziplinäres Analyseinstrument betrachtet werden kann. Im Bildungsprozessmanagementdiskurs in Deutschland sind einerseits integrative Momente der allgemeinen Entwicklung aktualisiert, andererseits aber die für dieses Land spezifischen Züge.
Anmerkungen
Andere benutzte Quellen
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