Kreativität
und Wissensgesellschaft –
Herausforderungen für die Europäische Union heute und morgen
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Gusenbauer,
Herr Präsident des INST, Univ.Prof.Dr. Horn, Herr Direktor Dr. Arlt,
Exzellenzen, verehrte Gäste,
meine Damen und Herren!
Mit großer Freude nehme ich an Ihrer Konferenz Teil und ich möchte
den Organisatoren meinen Dank für ihre freundliche Einladung aussprechen.
Die Kulturwissenschaften entwickeln sich zu einem der fruchtbarsten
Reflexions- und Diskussionsbereiche in den Human- und Sozialwissenschaften,
und dieses Treffen in Wien ist auf Ihrem Gebiet eindeutig ein Ereignis,
das Maßstäbe setzt.
Nur selten findet man Tausende von Wissenschaftlern aus etwa hundert
Ländern in demselben Gebäude versammelt. Ich beglückwünsche
das INST und die übrigen Organisatoren zu dem intellektuellen Mut,
mit dem sie eine Konferenz dieser Größenordnung und dieses
Niveaus mit dieser ehrgeizigen Zielsetzung in die Wege geleitet haben.
Bei der Vorbereitung auf dieses Treffen habe ich zu meiner Überraschung
zahlreiche Berührungspunkte zwischen Ihren erklärten Zielen
für diese zweitägige Veranstaltung und den Grundsätzen
der europäischen Bildungs- und Kulturpolitik entdeckt.
Lassen Sie mich nur zwei Beispiele nennen.
Innovation, Forschung und Wissen nehmen in den Medien
und auf der Agenda zahlreicher Organisationen großen Raum ein –
seien es nun staatliche Stellen oder private Unternehmen. Allerdings haben
diese Begriffe große rhetorische Wirkung und geringe praktische
Konsequenzen. Wir müssen hier mehr Glaubwürdigkeit erreichen!
Aus OECD-Daten der jüngsten Zeit geht hervor, dass die Bruttoinlandsaufwendungen
für Forschung und Entwicklung als Anteil am BIP in den Industrieländern
seit 1998 mehr oder weniger unverändert geblieben sind. In den letzten
Jahren ging der Anteil in den USA leicht zurück, in der EU der 27
nahm er unwesentlich zu und in Japan stieg er erheblich an.
Aus europäischer Sicht gibt der Unterschied zwischen der EU und
unseren globalen Konkurrenten Anlass zu Besorgnis. In der Union werden
nur 1,84 % des BIP in Forschung und Entwicklung investiert –
viel weniger als der für 2010 vorgeschlagene Referenzwert von 3 %.
Der Anteil beträgt zum Vergleich mehr als 3 % in Japan und über
2,5 % in den Vereinigten Staaten. Auch im Bildungsbereich finden
sich frappierende Unterschiede, insbesondere in der Hochschulbildung.
In der EU investiert man im Durchschnitt pro Hochschulstudent etwa 10
000 EUR weniger als in den USA. Beim Fußball sind wir die Besten
der Welt, aber wir sind nicht führend in der Ersten Liga der Hochschulbildung.
Warum? Ist sie nicht von Interesse? Bedeutet Fußball für Europa
mehr als ausgezeichnete Hochschulbildung? Ich bin durchaus für mehr
und besseren Sport (als Kommissar bin ich auch für den Sport zuständig),
bin aber davon überzeugt, dass wir unsere Universitäten modernisieren
können und müssen.
Ich bin mir darüber im klaren, dass Aufwendungen für Forschung
und Entwicklung sowie Hochschulbildung eher grobe Indikatoren sind, aber
sie bestätigen wohl meine Auffassung. Überall wird darüber
geredet, was im Wissensbereich unternommen werden muss, aber allzu wenige
sind bereit, dort auch Geld zu investieren. Zweck der Forschung ist es,
neues Wissen hervorzubringen, bei der Bildung geht es um die Vermittlung
von Wissen und auf Wissen beruht der Fortschritt. Wissen bringt durch
Innovation das investierte Geld mit Gewinn zurück.
Somit brauchen wir sinnvollere und (auch) höhere Investitionen
in die Wissensgesellschaft. Sinnvoller bedeutet hier effizienter, in dem
Bemühen um höhere Qualität bei gleichem finanziellen Aufwand,
um eine zweckmäßigere Verbindung zwischen Bildung und Forschung,
zwischen Bildung und Gesellschaft, zwischen Arbeitsmarkt und Wirtschaft.
Dieses Dreieckskonzept des Wissens entspricht der Grundstruktur des von
der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Europäischen Innovations-
und Technologieinstituts (EIT). Ich bin sicher, dass wir seine Einrichtung
im Jahre 2008 erleben werden.
Von großem Nutzen für den Aufbau unseres gemeinsamen Europas
waren und sind konzeptuelle Metaphern. Diese sind zukunftsorientiert,
nicht fest umrissen, sie eröffnen Möglichkeiten für verschiedene
Deutungen und Handlungen – und ermöglichen damit auch eine
kreative Beteiligung der europäischen Bürger.
Eine derartige konzeptuelle Metapher ist zum Beispiel der Europäische
Forschungsraum, ein anderes der Europäische Hochschulraum. Wir arbeiten
daran, diesen durch den bekannten Bologna-Reformprozess europaweit zu
verwirklichen. Auf diesen beiden Bereichen beruht das Europa des Wissens.
Und jetzt wollen wir die fünfte Freiheit in der EU fördern –
den freien Wissensverkehr. Dabei geht es um die Mobilität
von Forschern, Wissenschaftlern, Studierenden, um bessere Bedingungen
für die Erteilung von Patentrechten, Rechten an geistigem Eigentum
und Urheberrechten. Im November haben wir den Europäischen Qualifikationsrahmen
gebilligt. Es handelt sich um eine „Übersetzungshilfe“
mit 8 Referenzniveaus (Umrechnungsmatrix), die dazu dient, akademische
und berufliche Qualifikationen zu erkennen, einen Vergleich zwischen verschiedenen
Ländern und Sektoren vorzunehmen und sie dann zu übertragen.
Der Qualifikationsrahmen beruht auf Lernergebnissen (Wissen, Fertigkeiten
und Kompetenzen, die durch allgemeine und berufliche Bildung erworben
wurden). Entscheidend sind Wissensstand und Befähigung, nicht der
Studienort oder die Länge des Studiums. Mithilfe derartiger Instrumente
werden die Menschen in die Lage versetzt, in der EU als Bürger anstatt
als Touristen zu leben.
Somit könnte man sich als nächstes entsprechendes Konzept
einen europäischen Kreativitäts- und Innovationsraum
vorstellen. Er könnte das Bild für ein neues Kulturverständnis
in der Europäischen Union sein. Die Leitgedanken eines derartigen
Europäischen Kreativitäts- und Innovationsraums sollten sein,
dass die Kultur als Katalysator für Kreativität wirkt und dass
kulturelle Vielfalt und Mehrsprachigkeit die Grundlagen für Wohlstand
sind. Diese Vielfalt spiegelt sich zum Beispiel darin, dass es 23 EU-Amtssprachen
und drei Alphabete gibt. Die Achtung für unser kulturelles Erbe und
der Zugang zu diesem, der Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller
Ausdrucksmöglichkeiten sind wichtige Grundsätze der internen
und externen Kulturpolitik im 21. Jahrhundert. Unser Ziel sollte darin
bestehen, allen europäischen Bürgern den Zugang zum heutigen
Wissensstand zu ermöglichen und sie in die Lage zu versetzen, zur
Wissensentwicklung beizutragen. So hat zum Beispiel die Europäische
Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten die Umsetzung des Projekts
Digitale Bibliothek eingeleitet. Bis 2010 möchten wir 6 Millionen
Bücher in den öffentlichen Bibliotheken Europas digital darstellen,
bewahren und über das Internet zugänglich machen.
Die Qualität der Bildung und der Zugang zu ihr
nehmen für die Entwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft entscheidende
Bedeutung an. Bildung wird zu einem Faktor der Beschäftigungsfähigkeit,
der sozialen Eingliederung, der persönlichen Entfaltung, einer voll
entwickelten Staatsbürgerschaft und des kulturellen Bewusstseins
im Zeitalter der Globalisierung. Wenn Europa auf Bildung und Kultur setzte,
konnte es Epochen des Wachstums und der Erneuerung gestalten. Wurden in
Europa Bücher verbrannt und Universitäten geschlossen, zogen
dunkle Wolken herauf. Bildung befähigt die Menschen zur Eigenständigkeit
und führt zu ihrer Einigung. Mangelnde Bildung hat zur Folge, dass
Massenarbeitslosigkeit entsteht und dass die Gesellschaft für eine
lebensfähige demokratische Selbstverwaltung nicht reif ist. Solche
Menschen und Kulturen sind gefährdet, sie laufen leicht Gefahr, abhängig,
unterentwickelt oder an den Rand gedrängt zu werden. Dies ist offensichtlich
das genaue Gegenteil einer kreativen Entwicklung.
Wie Richard Florida zu Recht bemerkt, setzt der Aufstieg der kreativen
Klasse voraus, das die „drei T“ anerkannt und gefördert
werden: Talent, Technologie und Toleranz. Unwissenheit
ignoriert Talente, Unwissenheit gebiert Intoleranz. Technologie allein
genügt nicht. 1957 schickte die Sowjetunion den ersten Satelliten
Sputnik ins All. Das Regime war jedoch diktatorisch und unterdrückte
die Menschenrechte (und die Talente). Es konnte sich weder als erfolgreich
noch als zukunftsfähig erweisen. Der Versuch, Völker
ohne Freiheit zu vereinen, blieb eine gewalttätige Utopie.
1957 nahmen sechs westeuropäische Länder die Aufgabe in Angriff,
eine Einheit in Freiheit aufzubauen. Gegründet war
das Aufbauwerk auf Humanität und Solidarität. Daher ist die
EU heute eine Erfolgsgeschichte, die einzige echte geopolitische Neuerung
im System internationaler Beziehungen, die auf den Westfälischen
Frieden zurückgeht.
Ein weiteres Gebiet, auf dem sich die Themen Ihrer Konferenz und unsere
Politikbereiche überschneiden, ist das, was Sie als „Fehlen
der Kulturpolitik in transnationalen Prozessen“ bezeichnen.
Dem stimme ich voll zu, und ich darf Ihnen versichern, dass wir durchaus
versuchen, diese Lücke in der internationalen Politik zu schließen.
Gerade im Mai dieses Jahres haben wir zum ersten Mal ein Strategiepapier
herausgegeben, in dem eine neue Europäische Agenda für Kultur
im Zeitalter der Globalisierung behandelt wird. Ich möchte jetzt
nicht näher auf den Inhalt eingehen, aber doch den Zusammenhang erläutern.
In der Kommission Barroso war von Anfang an klar, dass die Kultur einen
höheren Stellenwert auf der politischen Agenda der EU erhalten würde.
Die Menschen akzeptieren heute Realitäten wie den Binnenmarkt, Schengen,
die einheitliche Währung – den Euro. Aber mehr als je zuvor
diskutieren sie über abstrakte Fragen wie Werte, Identität,
Kulturen und Qualifikationen.
In dieser Zeit, in der sich die Wissensgesellschaft abzeichnet, findet
ein grundsätzlicher Wandel statt. Selbstverständlich hat die
Landwirtschaft immer noch große Bedeutung. Auch die Industrie ist
sehr wichtig. Aber die Wachstumsbereiche, in denen die Europäer Geld
verdienen und Steuern zahlen, sind Bildung, die schönen Künste,
Forschung, Dienstleistungen, (Kultur)tourismus u.a. Dies führt auch
dazu, dass sich das Verständnis von Kreativität grundsätzlich
wandelt.
Seit 50 Jahren ist unser geeintes Europa im wesentlichen auf ganz konkreten
Feldern aufgebaut worden. Natürlich ist dabei Erstaunliches erreicht
worden – ich denke aber, dass noch mehr erforderlich ist, damit
wir uns als europäische Bürger fühlen.
Wir müssten den Eindruck gewinnen, dass Europa in symbolischen,
immateriellen Bereichen zusammenwächst. Mithilfe der Kunst, der Literatur
und des Films können wir gemeinsam eine europäische Identität
und ein deutlicheres Gefühl dafür entwickeln, dass wir zu Europa
gehören. Die Arbeiten von Künstlern und Intellektuellen stehen
in engem Zusammenhang mit dem europäischen Projekt. Sie bauen auf
unserem gemeinsamen Erbe auf und geben gleichzeitig der verwirrenden Vielfalt
der Traditionen und geschichtlichen Ereignisse Ausdruck. Aber das ist
altbekannt; Jahrhunderte lang haben Europas Künstler und Intellektuelle
den gesamten Kontinent ganz selbstverständlich als ihren Tummelplatz
angesehen.
Wie Sie in der Einführung zu dieser Konferenz zu Recht bemerkt
haben, ist in der Welt nicht alles in Ordnung. Wir müssen kreative
Energien in Europa freisetzen, neue Ideen entwickeln, Kreativität
und Innovationen fördern.
Meine Damen und Herren!
Nach der Veröffentlichung unserer Europäischen Agenda für
Kultur sind wir jetzt mit einem neuen Vorhaben beschäftigt: Wir wollen
ein Europäisches Jahr der Kreativität und Innovationsfähigkeit
ausrufen. Wenn alles nach Plan verläuft, wird 2009 dieses Europäische
Jahr sein. Es folgt auf das Europäische Jahr des interkulturellen
Dialogs 2008, das ich bei meiner ersten Anhörung durch das
Parlament vorgeschlagen habe.
Ich möchte diese Initiative kurz begründen. Wir nähern
uns dem Ende des Jahrzehnts und es wird immer deutlicher, dass die europäischen
Projekte in den Bereichen Bildung und Kultur nicht völlig den Vorstellungen
von Wachstum und Beschäftigung untergeordnet werden können.
Und dies geschieht auch gar nicht.
Unsere Bildungsmaßnahmen haben nämlich bereits eine umfassendere
Zielsetzung. Nach unserer Auffassung sollten die Europäer ihr ganzes
Leben lang weiter lernen und sich Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen
aneignen, die eine voll entwickelte Persönlichkeit ausmachen. Lebenslanges
Lernen ist eine Notwendigkeit, kein Luxus.
Unsere Strategien für lebenslanges Lernen sind an acht Schlüsselkompetenzen
ausgerichtet: Beherrschung von Muttersprache und Fremdsprachen, mathematische,
naturwissenschaftliche und technische Kompetenz, digitale Fertigkeiten,
soziale Kompetenz und Bürgerkompetenz, Beherrschung von Lerntechniken,
Eigeninitiative und Unternehmergeist sowie schließlich Kulturbewusstsein
und kulturelle Ausdrucksfähigkeit.
Wo hat nun die Kreativität ihren Platz? Kreativität und Innovationsfähigkeit
sind vor allem in den Bereichen von entscheidender Bedeutung, die wir
als „Eigeninitiative und Unternehmergeist“
und „Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit“
bezeichnen.
Würden Kreativität und Innovationsfähigkeit durch ein
Europäisches Jahr gefördert, würde sich herausstellen,
dass zwischen der auf rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten beruhenden
Agenda für Wachstum und Beschäftigung und den Aspekten persönliche
– und soziale – Entfaltung kein Widerspruch besteht.
Zwar ist die Vorbereitung des Europäischen Jahres noch im Gange,
es lässt sich aber schon jetzt sagen, welche vier Hauptaufgaben man
wahrnehmen sollte.
- Erstens sollte angestrebt werden, Umfelder zu schaffen, in denen
ästhetische Sensibilität, emotionale Entwicklung und Intuition
angeregt werden und Kreativität bei Kindern schon im frühesten
Alter gepflegt wird. Man sollte den Zugang zur Kultur erweitern und
Ungleichheiten dabei abbauen, insbesondere in den Jahren, in denen die
Persönlichkeit am stärksten geprägt wird. Kulturelle,
künstlerische und kreative Ausdrucksmöglichkeiten sollten
während der gesamten formalen Bildung eröffnet werden.
- Zweitens sollte die Offenheit für die kulturelle Vielfalt als
ein Mittel ermutigt werden, die interkulturelle Kommunikation, die gegenseitige
künstlerische und intellektuelle Befruchtung anzuregen.
- Drittens sollte das Europäische Jahr dazu beitragen, Innovationsfähigkeit,
Flexibilität und Fähigkeit zur Anpassung an eine sich rasch
verändernde Welt zu stimulieren; dabei sollte man Kreativität
als eine Fähigkeit entwickeln, die sich auch in das berufliche
Umfeld übertragen lässt, und die Menschen in die Lage versetzt,
ihre Aufstiegschancen zu verbessern.
- Und schließlich sollten Menschen, die aus dem Berufsleben ausgeschieden
sind, ermutigt werden, weiterhin ihr kreatives Potenzial zu entfalten.
Ich möchte den grundlegenden Ansatz hervorheben. Bei der Kreativität,
der Wissensgesellschaft, bei allen Aspekten des menschlichen Lebens –
das wirklich Wesentliche ist der Mensch. Im Mittelpunkt
unserer Überlegungen sollten immer der Mensch und sein Wohl stehen!
Lassen wir in irgend einer Hinsicht die Folgen für den Menschen außer
Acht und betrachten irgend einen Bereich des menschlichen Lebens als Wert
an sich, so kann dies schädliche Auswirkungen haben, obwohl das Anliegen
auf den ersten Blick unzweifelhaft positiv erscheint. Ich nenne konkrete
Beispiele. Es gibt kreative und hoch gebildete Menschen, die aber unfähig
sind, normale menschliche Beziehungen zu pflegen, mit sich selbst zufrieden
zu sein, ein Leben zu führen, dass sich nicht ausschließlich
um sie selber dreht. Und es gibt schlaue und kreative Diebe oder sogar
Mörder. Jeden Tag finden sich Beispiele dafür in den Medien.
Der ganzheitliche, auf die menschliche Person ausgerichtete Ansatz sollte
in der Bildung, in der Politik und in unserem gesamten Denken eine viel
größere Rolle spielen.
Ich darf Sie daran erinnern, das die EU-Institutionen Konzepte vorschlagen
und Aktionen auf europäischer Ebene koordinieren können. Der
kultur- und bildungspolitische Bereich allerdings fällt in die Zuständigkeit
nationaler, regionaler und lokaler Einrichtungen und dies wird sich nicht
ändern.
Ein Europäisches Jahr zur Förderung von Kreativität und
Innovationsfähigkeit würde eine ideale Gelegenheit bieten, herauszustellen,
was wir unternehmen müssen, um unser geeintes Europa auf einem gemeinsamen
kulturellen Projekt aufzubauen.
Kreativität ist unter diesem Blickwinkel die reale Möglichkeit,
etwas Neues zu schaffen – ein dynamischer Prozess der Umwandlung
der bestehenden in eine bessere Welt. Dieser Prozess verläuft jedoch
nicht im leeren Raum; es handelt sich um einen Prozess innerhalb der Kulturen.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten eine solide Grundlage für
die Informationsgesellschaft gelegt. Jetzt sind wir bestrebt,
eine Wissensgesellschaft aufzubauen. Das ehrgeizigste Unterfangen ist
jedoch immer noch, eine weise Gesellschaft zu schaffen
– in der das Wissen sich mit den universellen menschlichen Werten
verbindet, angefangen mit der Menschenwürde.
Jean Monnet, der Gründervater des gemeinsamen Europas, lässt
seine Memoiren mit dem Satz beginnen: „Nous ne coalisons pas
des Etats, nous unissons des hommes.“ Menschen zusammenzuführen
ist eine viel größere Herausforderung, aber auch wichtiger,
als eine Allianz von Staaten zu bilden!
Europa als eine Gemeinschaft von Menschen sollte gleichbedeutend mit
Offenheit sein. Offenes Denken und offene Herzen sind
entscheidend für den Erfolg einer derartigen Vision, und auch für
ein Europa des Wissens, der Kreativität und der Innovationsfähigkeit.
Bei offenem Denken geht es um Rationalität, Wissenschaft, Kompetenz,
Wettbewerbsfähigkeit. Offene Herzen braucht man für Einfühlungsvermögen,
Sympathie, Solidarität mit Anderen – auf lokaler und globaler
Ebene.
Ich wünsche Ihnen allen, dass sie Vorkämpfer der Humanität
und Solidarität mit offenem Denken und offenen Herzen sein
mögen!
Ich danke Ihnen.
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