Nr. 17

KCTOS: Wissen, Kreativität und Transformationen von Gesellschaften

Ján Figel', EU-Kommissar für allgemeine und berufliche Bildung, Kultur und Jugend Deutsch | English
   

Kreativität und Wissensgesellschaft –
Herausforderungen für die Europäische Union heute und morgen

 

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Gusenbauer,
Herr Präsident des INST, Univ.Prof.Dr. Horn, Herr Direktor Dr. Arlt,
Exzellenzen, verehrte Gäste,
meine Damen und Herren!

Mit großer Freude nehme ich an Ihrer Konferenz Teil und ich möchte den Organisatoren meinen Dank für ihre freundliche Einladung aussprechen.

Die Kulturwissenschaften entwickeln sich zu einem der fruchtbarsten Reflexions- und Diskussionsbereiche in den Human- und Sozialwissenschaften, und dieses Treffen in Wien ist auf Ihrem Gebiet eindeutig ein Ereignis, das Maßstäbe setzt.

Nur selten findet man Tausende von Wissenschaftlern aus etwa hundert Ländern in demselben Gebäude versammelt. Ich beglückwünsche das INST und die übrigen Organisatoren zu dem intellektuellen Mut, mit dem sie eine Konferenz dieser Größenordnung und dieses Niveaus mit dieser ehrgeizigen Zielsetzung in die Wege geleitet haben.

Bei der Vorbereitung auf dieses Treffen habe ich zu meiner Überraschung zahlreiche Berührungspunkte zwischen Ihren erklärten Zielen für diese zweitägige Veranstaltung und den Grundsätzen der europäischen Bildungs- und Kulturpolitik entdeckt.

Lassen Sie mich nur zwei Beispiele nennen.

Innovation, Forschung und Wissen nehmen in den Medien und auf der Agenda zahlreicher Organisationen großen Raum ein – seien es nun staatliche Stellen oder private Unternehmen. Allerdings haben diese Begriffe große rhetorische Wirkung und geringe praktische Konsequenzen. Wir müssen hier mehr Glaubwürdigkeit erreichen!

Aus OECD-Daten der jüngsten Zeit geht hervor, dass die Bruttoinlandsaufwendungen für Forschung und Entwicklung als Anteil am BIP in den Industrieländern seit 1998 mehr oder weniger unverändert geblieben sind. In den letzten Jahren ging der Anteil in den USA leicht zurück, in der EU der 27 nahm er unwesentlich zu und in Japan stieg er erheblich an.

Aus europäischer Sicht gibt der Unterschied zwischen der EU und unseren globalen Konkurrenten Anlass zu Besorgnis. In der Union werden nur 1,84 % des BIP in Forschung und Entwicklung investiert – viel weniger als der für 2010 vorgeschlagene Referenzwert von 3 %. Der Anteil beträgt zum Vergleich mehr als 3 % in Japan und über 2,5 % in den Vereinigten Staaten. Auch im Bildungsbereich finden sich frappierende Unterschiede, insbesondere in der Hochschulbildung. In der EU investiert man im Durchschnitt pro Hochschulstudent etwa 10 000 EUR weniger als in den USA. Beim Fußball sind wir die Besten der Welt, aber wir sind nicht führend in der Ersten Liga der Hochschulbildung. Warum? Ist sie nicht von Interesse? Bedeutet Fußball für Europa mehr als ausgezeichnete Hochschulbildung? Ich bin durchaus für mehr und besseren Sport (als Kommissar bin ich auch für den Sport zuständig), bin aber davon überzeugt, dass wir unsere Universitäten modernisieren können und müssen.

Ich bin mir darüber im klaren, dass Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sowie Hochschulbildung eher grobe Indikatoren sind, aber sie bestätigen wohl meine Auffassung. Überall wird darüber geredet, was im Wissensbereich unternommen werden muss, aber allzu wenige sind bereit, dort auch Geld zu investieren. Zweck der Forschung ist es, neues Wissen hervorzubringen, bei der Bildung geht es um die Vermittlung von Wissen und auf Wissen beruht der Fortschritt. Wissen bringt durch Innovation das investierte Geld mit Gewinn zurück.

Somit brauchen wir sinnvollere und (auch) höhere Investitionen in die Wissensgesellschaft. Sinnvoller bedeutet hier effizienter, in dem Bemühen um höhere Qualität bei gleichem finanziellen Aufwand, um eine zweckmäßigere Verbindung zwischen Bildung und Forschung, zwischen Bildung und Gesellschaft, zwischen Arbeitsmarkt und Wirtschaft. Dieses Dreieckskonzept des Wissens entspricht der Grundstruktur des von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Europäischen Innovations- und Technologieinstituts (EIT). Ich bin sicher, dass wir seine Einrichtung im Jahre 2008 erleben werden.

Von großem Nutzen für den Aufbau unseres gemeinsamen Europas waren und sind konzeptuelle Metaphern. Diese sind zukunftsorientiert, nicht fest umrissen, sie eröffnen Möglichkeiten für verschiedene Deutungen und Handlungen – und ermöglichen damit auch eine kreative Beteiligung der europäischen Bürger.

Eine derartige konzeptuelle Metapher ist zum Beispiel der Europäische Forschungsraum, ein anderes der Europäische Hochschulraum. Wir arbeiten daran, diesen durch den bekannten Bologna-Reformprozess europaweit zu verwirklichen. Auf diesen beiden Bereichen beruht das Europa des Wissens. Und jetzt wollen wir die fünfte Freiheit in der EU fördern – den freien Wissensverkehr. Dabei geht es um die Mobilität von Forschern, Wissenschaftlern, Studierenden, um bessere Bedingungen für die Erteilung von Patentrechten, Rechten an geistigem Eigentum und Urheberrechten. Im November haben wir den Europäischen Qualifikationsrahmen gebilligt. Es handelt sich um eine „Übersetzungshilfe“ mit 8 Referenzniveaus (Umrechnungsmatrix), die dazu dient, akademische und berufliche Qualifikationen zu erkennen, einen Vergleich zwischen verschiedenen Ländern und Sektoren vorzunehmen und sie dann zu übertragen. Der Qualifikationsrahmen beruht auf Lernergebnissen (Wissen, Fertigkeiten und Kompetenzen, die durch allgemeine und berufliche Bildung erworben wurden). Entscheidend sind Wissensstand und Befähigung, nicht der Studienort oder die Länge des Studiums. Mithilfe derartiger Instrumente werden die Menschen in die Lage versetzt, in der EU als Bürger anstatt als Touristen zu leben.

Somit könnte man sich als nächstes entsprechendes Konzept einen europäischen Kreativitäts- und Innovationsraum vorstellen. Er könnte das Bild für ein neues Kulturverständnis in der Europäischen Union sein. Die Leitgedanken eines derartigen Europäischen Kreativitäts- und Innovationsraums sollten sein, dass die Kultur als Katalysator für Kreativität wirkt und dass kulturelle Vielfalt und Mehrsprachigkeit die Grundlagen für Wohlstand sind. Diese Vielfalt spiegelt sich zum Beispiel darin, dass es 23 EU-Amtssprachen und drei Alphabete gibt. Die Achtung für unser kulturelles Erbe und der Zugang zu diesem, der Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksmöglichkeiten sind wichtige Grundsätze der internen und externen Kulturpolitik im 21. Jahrhundert. Unser Ziel sollte darin bestehen, allen europäischen Bürgern den Zugang zum heutigen Wissensstand zu ermöglichen und sie in die Lage zu versetzen, zur Wissensentwicklung beizutragen. So hat zum Beispiel die Europäische Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten die Umsetzung des Projekts Digitale Bibliothek eingeleitet. Bis 2010 möchten wir 6 Millionen Bücher in den öffentlichen Bibliotheken Europas digital darstellen, bewahren und über das Internet zugänglich machen.

Die Qualität der Bildung und der Zugang zu ihr nehmen für die Entwicklung des Einzelnen und der Gesellschaft entscheidende Bedeutung an. Bildung wird zu einem Faktor der Beschäftigungsfähigkeit, der sozialen Eingliederung, der persönlichen Entfaltung, einer voll entwickelten Staatsbürgerschaft und des kulturellen Bewusstseins im Zeitalter der Globalisierung. Wenn Europa auf Bildung und Kultur setzte, konnte es Epochen des Wachstums und der Erneuerung gestalten. Wurden in Europa Bücher verbrannt und Universitäten geschlossen, zogen dunkle Wolken herauf. Bildung befähigt die Menschen zur Eigenständigkeit und führt zu ihrer Einigung. Mangelnde Bildung hat zur Folge, dass Massenarbeitslosigkeit entsteht und dass die Gesellschaft für eine lebensfähige demokratische Selbstverwaltung nicht reif ist. Solche Menschen und Kulturen sind gefährdet, sie laufen leicht Gefahr, abhängig, unterentwickelt oder an den Rand gedrängt zu werden. Dies ist offensichtlich das genaue Gegenteil einer kreativen Entwicklung.

Wie Richard Florida zu Recht bemerkt, setzt der Aufstieg der kreativen Klasse voraus, das die „drei T“ anerkannt und gefördert werden: Talent, Technologie und Toleranz. Unwissenheit ignoriert Talente, Unwissenheit gebiert Intoleranz. Technologie allein genügt nicht. 1957 schickte die Sowjetunion den ersten Satelliten Sputnik ins All. Das Regime war jedoch diktatorisch und unterdrückte die Menschenrechte (und die Talente). Es konnte sich weder als erfolgreich noch als zukunftsfähig erweisen. Der Versuch, Völker ohne Freiheit zu vereinen, blieb eine gewalttätige Utopie. 1957 nahmen sechs westeuropäische Länder die Aufgabe in Angriff, eine Einheit in Freiheit aufzubauen. Gegründet war das Aufbauwerk auf Humanität und Solidarität. Daher ist die EU heute eine Erfolgsgeschichte, die einzige echte geopolitische Neuerung im System internationaler Beziehungen, die auf den Westfälischen Frieden zurückgeht.

Ein weiteres Gebiet, auf dem sich die Themen Ihrer Konferenz und unsere Politikbereiche überschneiden, ist das, was Sie als „Fehlen der Kulturpolitik in transnationalen Prozessen“ bezeichnen. Dem stimme ich voll zu, und ich darf Ihnen versichern, dass wir durchaus versuchen, diese Lücke in der internationalen Politik zu schließen.

Gerade im Mai dieses Jahres haben wir zum ersten Mal ein Strategiepapier herausgegeben, in dem eine neue Europäische Agenda für Kultur im Zeitalter der Globalisierung behandelt wird. Ich möchte jetzt nicht näher auf den Inhalt eingehen, aber doch den Zusammenhang erläutern. In der Kommission Barroso war von Anfang an klar, dass die Kultur einen höheren Stellenwert auf der politischen Agenda der EU erhalten würde. Die Menschen akzeptieren heute Realitäten wie den Binnenmarkt, Schengen, die einheitliche Währung – den Euro. Aber mehr als je zuvor diskutieren sie über abstrakte Fragen wie Werte, Identität, Kulturen und Qualifikationen.

In dieser Zeit, in der sich die Wissensgesellschaft abzeichnet, findet ein grundsätzlicher Wandel statt. Selbstverständlich hat die Landwirtschaft immer noch große Bedeutung. Auch die Industrie ist sehr wichtig. Aber die Wachstumsbereiche, in denen die Europäer Geld verdienen und Steuern zahlen, sind Bildung, die schönen Künste, Forschung, Dienstleistungen, (Kultur)tourismus u.a. Dies führt auch dazu, dass sich das Verständnis von Kreativität grundsätzlich wandelt.

Seit 50 Jahren ist unser geeintes Europa im wesentlichen auf ganz konkreten Feldern aufgebaut worden. Natürlich ist dabei Erstaunliches erreicht worden – ich denke aber, dass noch mehr erforderlich ist, damit wir uns als europäische Bürger fühlen.

Wir müssten den Eindruck gewinnen, dass Europa in symbolischen, immateriellen Bereichen zusammenwächst. Mithilfe der Kunst, der Literatur und des Films können wir gemeinsam eine europäische Identität und ein deutlicheres Gefühl dafür entwickeln, dass wir zu Europa gehören. Die Arbeiten von Künstlern und Intellektuellen stehen in engem Zusammenhang mit dem europäischen Projekt. Sie bauen auf unserem gemeinsamen Erbe auf und geben gleichzeitig der verwirrenden Vielfalt der Traditionen und geschichtlichen Ereignisse Ausdruck. Aber das ist altbekannt; Jahrhunderte lang haben Europas Künstler und Intellektuelle den gesamten Kontinent ganz selbstverständlich als ihren Tummelplatz angesehen.

Wie Sie in der Einführung zu dieser Konferenz zu Recht bemerkt haben, ist in der Welt nicht alles in Ordnung. Wir müssen kreative Energien in Europa freisetzen, neue Ideen entwickeln, Kreativität und Innovationen fördern.

Meine Damen und Herren!

Nach der Veröffentlichung unserer Europäischen Agenda für Kultur sind wir jetzt mit einem neuen Vorhaben beschäftigt: Wir wollen ein Europäisches Jahr der Kreativität und Innovationsfähigkeit ausrufen. Wenn alles nach Plan verläuft, wird 2009 dieses Europäische Jahr sein. Es folgt auf das Europäische Jahr des interkulturellen Dialogs 2008, das ich bei meiner ersten Anhörung durch das Parlament vorgeschlagen habe.

Ich möchte diese Initiative kurz begründen. Wir nähern uns dem Ende des Jahrzehnts und es wird immer deutlicher, dass die europäischen Projekte in den Bereichen Bildung und Kultur nicht völlig den Vorstellungen von Wachstum und Beschäftigung untergeordnet werden können. Und dies geschieht auch gar nicht.

Unsere Bildungsmaßnahmen haben nämlich bereits eine umfassendere Zielsetzung. Nach unserer Auffassung sollten die Europäer ihr ganzes Leben lang weiter lernen und sich Wissen, Fähigkeiten und Einstellungen aneignen, die eine voll entwickelte Persönlichkeit ausmachen. Lebenslanges Lernen ist eine Notwendigkeit, kein Luxus.

Unsere Strategien für lebenslanges Lernen sind an acht Schlüsselkompetenzen ausgerichtet: Beherrschung von Muttersprache und Fremdsprachen, mathematische, naturwissenschaftliche und technische Kompetenz, digitale Fertigkeiten, soziale Kompetenz und Bürgerkompetenz, Beherrschung von Lerntechniken, Eigeninitiative und Unternehmergeist sowie schließlich Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit.

Wo hat nun die Kreativität ihren Platz? Kreativität und Innovationsfähigkeit sind vor allem in den Bereichen von entscheidender Bedeutung, die wir als „Eigeninitiative und Unternehmergeist“ und „Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit“ bezeichnen.

Würden Kreativität und Innovationsfähigkeit durch ein Europäisches Jahr gefördert, würde sich herausstellen, dass zwischen der auf rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten beruhenden Agenda für Wachstum und Beschäftigung und den Aspekten persönliche – und soziale – Entfaltung kein Widerspruch besteht.

Zwar ist die Vorbereitung des Europäischen Jahres noch im Gange, es lässt sich aber schon jetzt sagen, welche vier Hauptaufgaben man wahrnehmen sollte.

  • Erstens sollte angestrebt werden, Umfelder zu schaffen, in denen ästhetische Sensibilität, emotionale Entwicklung und Intuition angeregt werden und Kreativität bei Kindern schon im frühesten Alter gepflegt wird. Man sollte den Zugang zur Kultur erweitern und Ungleichheiten dabei abbauen, insbesondere in den Jahren, in denen die Persönlichkeit am stärksten geprägt wird. Kulturelle, künstlerische und kreative Ausdrucksmöglichkeiten sollten während der gesamten formalen Bildung eröffnet werden.
  • Zweitens sollte die Offenheit für die kulturelle Vielfalt als ein Mittel ermutigt werden, die interkulturelle Kommunikation, die gegenseitige künstlerische und intellektuelle Befruchtung anzuregen.
  • Drittens sollte das Europäische Jahr dazu beitragen, Innovationsfähigkeit, Flexibilität und Fähigkeit zur Anpassung an eine sich rasch verändernde Welt zu stimulieren; dabei sollte man Kreativität als eine Fähigkeit entwickeln, die sich auch in das berufliche Umfeld übertragen lässt, und die Menschen in die Lage versetzt, ihre Aufstiegschancen zu verbessern.
  • Und schließlich sollten Menschen, die aus dem Berufsleben ausgeschieden sind, ermutigt werden, weiterhin ihr kreatives Potenzial zu entfalten.

Ich möchte den grundlegenden Ansatz hervorheben. Bei der Kreativität, der Wissensgesellschaft, bei allen Aspekten des menschlichen Lebens – das wirklich Wesentliche ist der Mensch. Im Mittelpunkt unserer Überlegungen sollten immer der Mensch und sein Wohl stehen! Lassen wir in irgend einer Hinsicht die Folgen für den Menschen außer Acht und betrachten irgend einen Bereich des menschlichen Lebens als Wert an sich, so kann dies schädliche Auswirkungen haben, obwohl das Anliegen auf den ersten Blick unzweifelhaft positiv erscheint. Ich nenne konkrete Beispiele. Es gibt kreative und hoch gebildete Menschen, die aber unfähig sind, normale menschliche Beziehungen zu pflegen, mit sich selbst zufrieden zu sein, ein Leben zu führen, dass sich nicht ausschließlich um sie selber dreht. Und es gibt schlaue und kreative Diebe oder sogar Mörder. Jeden Tag finden sich Beispiele dafür in den Medien. Der ganzheitliche, auf die menschliche Person ausgerichtete Ansatz sollte in der Bildung, in der Politik und in unserem gesamten Denken eine viel größere Rolle spielen.

Ich darf Sie daran erinnern, das die EU-Institutionen Konzepte vorschlagen und Aktionen auf europäischer Ebene koordinieren können. Der kultur- und bildungspolitische Bereich allerdings fällt in die Zuständigkeit nationaler, regionaler und lokaler Einrichtungen und dies wird sich nicht ändern.

Ein Europäisches Jahr zur Förderung von Kreativität und Innovationsfähigkeit würde eine ideale Gelegenheit bieten, herauszustellen, was wir unternehmen müssen, um unser geeintes Europa auf einem gemeinsamen kulturellen Projekt aufzubauen.

Kreativität ist unter diesem Blickwinkel die reale Möglichkeit, etwas Neues zu schaffen – ein dynamischer Prozess der Umwandlung der bestehenden in eine bessere Welt. Dieser Prozess verläuft jedoch nicht im leeren Raum; es handelt sich um einen Prozess innerhalb der Kulturen.

Wir haben in den letzten Jahrzehnten eine solide Grundlage für die Informationsgesellschaft gelegt. Jetzt sind wir bestrebt, eine Wissensgesellschaft aufzubauen. Das ehrgeizigste Unterfangen ist jedoch immer noch, eine weise Gesellschaft zu schaffen – in der das Wissen sich mit den universellen menschlichen Werten verbindet, angefangen mit der Menschenwürde.

Jean Monnet, der Gründervater des gemeinsamen Europas, lässt seine Memoiren mit dem Satz beginnen: „Nous ne coalisons pas des Etats, nous unissons des hommes.“ Menschen zusammenzuführen ist eine viel größere Herausforderung, aber auch wichtiger, als eine Allianz von Staaten zu bilden!

Europa als eine Gemeinschaft von Menschen sollte gleichbedeutend mit Offenheit sein. Offenes Denken und offene Herzen sind entscheidend für den Erfolg einer derartigen Vision, und auch für ein Europa des Wissens, der Kreativität und der Innovationsfähigkeit. Bei offenem Denken geht es um Rationalität, Wissenschaft, Kompetenz, Wettbewerbsfähigkeit. Offene Herzen braucht man für Einfühlungsvermögen, Sympathie, Solidarität mit Anderen – auf lokaler und globaler Ebene.

Ich wünsche Ihnen allen, dass sie Vorkämpfer der Humanität und Solidarität mit offenem Denken und offenen Herzen sein mögen!

Ich danke Ihnen.

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last changes: 14.01.2008