Die Idee schien plausibel: Um die Mobilität von Studenten zu erleichtern,
den Wechsel von einer Hochschule zu einer anderen ohne große Umstände
zu ermöglichen, sollten die Bildungssysteme und Studiengänge
innerhalb Europas einander angeglichen werden. Was aber die Europäische
Union insgesamt kennzeichnet, das charakterisiert, wie sich inzwischen
zeigt, auch die Hochschulreformen der jüngsten Zeit: Der Aspekt
der Wirtschaftlichkeit dominiert alle anderen Überlegungen zur
Verbesserung von Lehre und Forschung. Mit dem Bachelor wurde ein Discountstudium
zum Regelfall, das den Studierenden eine gründliche Ausbildung
vorenthält und die Lehrenden mit nahezu unlösbaren Problemen
konfrontiert. Was ist geblieben von der Freiheit der Forschung und Lehre,
vom Anspruch eines Studium Generale, von einer Ausbildung, die nicht
von vornherein den Bedürfnissen der Produktion untergeordnet ist?
Sind die Geisteswissenschaften mittlerweile überflüssig? Ist
die Eignung zur Kritik, zum Widerstand gegen blanke Profitinteressen
verzichtbar? Sollen Hochschulen nur noch für den Beruf qualifizieren
und welchen Stellenwert hat da eine Bildung, die über bloße
Fertigkeiten hinausgeht?