Deutsch |
VUNW: Virtualität |
|
Dieser Ansatz korrespondiert mit der Entwicklung, Struktur nicht nur etymologisch bzw. sprachgeschichtlich zu verstehen - hier ist Struktur ursprünglich mit dem Bauen, der Architektur etc. verbunden wie auch heute noch Bedeutung von Wissen und Aufwendungen für Bauten (Universitäten, Museen etc.) unmittelbar miteinander verbunden scheinen -, sondern zu erkennen, dass auch Sprachen, Wissenschaften, Künste etc. Strukturen haben und Gesellschaften strukturieren.
Der Begriff Virtualität wird hier im Sinne der Gesamtheit der menschlichen Vorstellungsbildung verwendet. Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts findet diese besonders unter Nutzung des Internet statt. Ihre Anfänge liegen bei den ersten Bildern, Schrift-Zeichen, Sprachen sowie Kunstwerken.
Im Laufe von Millionen von Jahren haben die Vorstellungsbildung sowie ihre Verbreitungsformen immer wieder Schübe in der Wissensgewinnung bewirkt. Die eigentliche Revolution erfolgte durch die Einführung der Zeichen, der Schriften, der Sprachen, durch neue Interpretationsformen, Bildung, dem Buchdruck, die neuen Medien (Radio, Film, Fernsehen) und nun durch das Internet. Damit hat sich der Charakter der Virtualität über die Jahrtausende der Literarizität nicht geändert, wohl aber die Verbreitung - auch durch die Herausbildung einer immer breiteren Öffentlichkeit. Geändert haben sich mit dieser Breite (allgemeine Schulbildung, Öffentlichkeit etc.) und mit der Vergrößerung der Bedeutung der Innovation die Möglichkeiten für die Partizipation und die Art der Wertebildung im Rahmen der Produktionen.
Bauten, Straßen, Häfen, Flugplätze etc. sind leicht als Strukturelemente auszumachen. Schwieriger scheint es, die virtuellen Strukturen zu erkennen, denen zwar Orte zugewiesen werden (Forschungseinrichtungen, Universitäten, Schulen, Redaktionen, Theater, Museen etc.), selbst aber nicht materiell sind. Was an diesen Orten des Wissens geschieht, bleibt sich zudem keinesfalls gleich (z.B. Inhalt und Form der Lehre der Universität Wien seit 1365 oder die Tätigkeit der Abgeordneten im Rathaus in Győr seit 1898).
Das Leben an und zwischen diesen Orten ist aber nicht beliebig. Es wird durch Vorstellungen, Regeln, Gesetze - durch virtuelle Strukturen - bestimmt. Die Art, wie diese Vorstellungen entstehen, sich verbreiten, handlungsleitend werden, sind unterschiedlich. Im Laufe der Jahrhunderte ist in diesem Kontext vor allem folgendes festzustellen:
Steigerung der Quantität der Virtualitäten
Verbreiterung der Bildung (allgemeine Schulbildung, Massenzugänge zu Schulen und Universitäten)
Differenzierung (Arbeitsteilung) und Kooperation (Inter- und Transdisziplinarität)
Rapides Wachstum der Vorstellungsproduktion (Wissenschaften, Forschung, Künste, Verwaltung, Medien etc.)
Neue Wertezusätze durch Wissen in allen Produktionsbereichen
- Notwendigkeit von gesellschaftlichen Vorstellungsbildungen (stets auch zur Überwindung von Ungerechtigkeiten)
In diesem Kontext wird zu einer Notwendigkeit jeglicher Infrastrukturpolitik, Strukturen der Virtualität; Verbindendes zu erkennen, Vorschläge für Entwicklungen öffentlich zu machen, Kooperationsformen herauszuarbeiten, demokratische Diskussionen zu ermöglichen. Dies ist im Moment die wichtigste Tendenz einer wie immer widersprüchlich verlaufenden Entwicklung überkommener Infrastrukturen. Ohne Erkennung der grundsätzlichen Bedeutung und einer Erneuerung der virtuellen Strukturen gemäß heutigen Anforderungen können Erfolge in allen anderen Bereichen nur bedingt erfolgen.