Die beiden hier in bezug auf Amazonien – in Anlehnung an Goethes
Idee der Weltliteratur und Calderons Metapher des gran teatro del mundo
– vorgeschlagenen Begriffe “Weltregion” und “Welttheater”
sollen als Ansatz zum Verständnis dieses Gebietes und seiner Bedeutung
für unseren Planeten dienen. Amazonien ist größer als
die Gesamtheit der Länder Europas und kann aufgrund seiner zentralen
Lage – neun Länder Südamerikas haben daran Anteil (Bolivien,
Peru, Equador, Kolumbien, Venezuela, Guyana, Surinam, Französisch
Guyana und Brasilien) – als das “Mittelmeer Lateinamerikas”
betrachtet werden (cf. Bolle, 2005, “O Mediterrâneo da América
Latina”). Wie Geschichte und Gegenwart zeigen, ist Amazonien ein
Raum von weltgeographischer Bedeutung mit welthistorischen Akteuren
und Aktionen: vom Eldorado der Konquistadoren und den Beutezügen
der Sklavenjäger über die wissenschaftliche Erforschung, den
Kautschukboom und die moderne Ethnologie bis zu den avancierten technologischen
Projekten und der rasch fortschreitenden Zerstörung des Regenwaldes
in unseren Tagen.
Vor diesem Hintergrund sollen in dieser Sektion die verschiedensten
Diskurse über Amazonien diskutiert werden: Texte aller Gattungen,
darunter geographische, historische, anthropologische Studien, Reiseberichte
sowie Zeugnisse des Imaginären und Zukunftsvisionen. Im Mittelpunkt
soll die Frage der interkulturellen Begegnungen stehen, mit einem Vergleich
der Formen des Lebens, des Wissens, der Kreativität von Einheimischen
und von außen Kommenden und der Kommunikation zwischen ihnen.