Diese Sektion bietet ein breit gefächertes Spektrum zur Diskussion
an, in dem allgemein kulturelle, sprachliche, geopolitische oder speziell
literarische, mediävistische Themen herangezogen werden können.
Als ersten Impuls können folgende Überlegungen betrachtet
werden:
Heute, zur Zeit eines Mittelalter-Booms, wird das europäische
Mittelalter als Fantasy-Land vermarktet – ein utopischer Zeit-
und Spielraum, in dem noch der Mythos die Lebenszusammenhänge bestimmt.
Auf die Geschichte Europas rückblickend stellt das mittelalterliche
Zeitalter, eine notwendige "mittlere" Phase, zwischen Altertum
und Moderne dar. Die Wurzeln der heutigen wirtschaftlichen, sozialen,
kulturellen und politischen Systemen Europas reichen bis zu ihren mittelalterlichen
Vorformen zurück:
Die Vereinheitlichung und Organisation der europäischen christlichen
Länder im Mittelalter zu einer hoch organisierten Religionsgemeinschaft
bilden zum einen eine erste (gesellschaftliche) Form einer Einheit der
christlich-europäischen Gesellschaft. Sie stellt zugleich aber
auch den Ursprung des europäischen Expansionismus dar, dessen Anfänge
in den Kreuzzügen liegen. Die Wege und Möglichkeiten der Massenkommunikation
spiegeln sich in zahlreichen Kreuzzugspredigten mittelalterlicher Werke
wieder. Ebenfalls weist die europäische Kultur des Mittelalters
literarische Besonderheiten auf, die zur rapiden Verbreitung des Buchdruckes
seit Mitte des 15. Jahrhunderts geführt haben.
Für diese Sektion wird um Beiträge gebeten, die sich mit
folgenden oder ähnlichen Fragen zur Bedeutung des Mittelalters
für Europa beschäftigen:
- War Europa im Mittelalter bereits globalisiert?
- Welche sprachlichen, stofflichen und kulturellen Besonderheiten und
Gemeinsamkeiten weist europäisches Kulturgut auf?
- Welche Rolle spielt die ritterlich-höfische Kultur in ihrer kommunikativen
Rolle zwischen den "europäischen" Ländern? Unter
welchen Umständen entstand beispielsweise der höfische Roman
im Europa des 12. Jahrhunderts und wie fand er seine Verbreitung über
das christliche Europa?
- Welche Bedeutung kommt dem Kulturtransfer im Mittelalter innerhalb
und außerhalb Europas zu? Sind Nuancen der Innovation und der
Kontinuität in der Kommunikation und in poetischen Ausformungen
aufzuspüren?
- Inwiefern sind Momente der Integration und Desintegration von Kulturen
im mittelalterlichen Europa aus literaturwissenschaftlicher Perspektive
aufspürbar?
- Fragen zur Edition mittelalterliche Texte: Wie sind mittelalterliche
von Variabilität gekennzeichnete Texte zu edieren?
- Wozu Mediävistik heute?
- Fragen zurr Didaktisierung der Mediävistik im Schul- und Hochschulunterricht.
- Die moderne Rezeption mittelalterlicher Werke.