Seit etwa zehn Jahren wird im deutschsprachigen wissenschaftlichen Diskurs über produktive Grenzüberschreitungen zwischen der zur kulturwissenschaftlichen Leitdisziplin gewordenen Kulturanthropologie und der kulturwissenschaftlich orientierten Literaturwissenschaft diskutiert. Im Rahmen der Sektion werden die produktiven und "reproduktiven" Auswirkungen dieser "innovativen" Überwindungen disziplinärer Grenzen auf literaturwissenschaftliche Fragehorizonte näher betrachtet. Von zentraler Bedeutung sind in dieser Hinsicht Fremdheit als ästhetische und auch als inner- und interkulturelle Erfahrung bzw. Fremdheit und Eigenheit als klassische, ästhetisch-philosophische Konzepte sowie als soziologische Kategorien aktueller Relevanz.
Wie werden das Fremde, das Andere und das Eigene in der Soziologie, Psychologie, Anthropologie und in der Ästhetik und Philosophie bestimmt? Wie ist das Verhältnis von Fremdheit und Vertrautheit vorzustellen und wissenschaftlich zu erforschen: im Rahmen einer praxisbezogenen kulturwissenschaftlichen Xenologie, einer Hermeneutik der Kultur (Geertz) oder einer Phänomenologie des Fremden (Waldenfels)? Welche Perspektiven ergeben sich aus der regen Diskussion um die interpretativen, performativen, postkolonialen "Wenden" der Kulturanthropologie im Hinblick auf die Auslegung literarischer Texte? Die Veranstaltung geht diese Fragen an, indem sie anhand von inter- und transdisziplinär konzipierten Referaten einer Diskussion Anlass liefert, die an Ort und Stelle auch vom Publikum selbst zu führen ist.