In unserer Sektion „Transformationen der Germanistik. Neue Wege,
neue Grenzen, neue Tendenzen in der Forschung und im Unterricht“
wird die anhaltende Diskussion um die kulturwissenschaftliche Neuorientierung
der Germanistik neu eröffnet und weiter diskutiert. Während
die einen den Paradigmenwechsel von den humanistisch geprägten
Geisteswissenschaften hin zu theoretisch und methodisch „erneuerter”
Kulturwissenschaften euphorisch begrüßen, warnen die anderen
vor dem Ausverkauf literaturwissenschaftlicher Kompetenzen sowie dem
befürchteten Verlust disziplinärer Traditionen und Untersuchungsgegenstände.
Die ’neue’ Schlüsselkategorie Kulturwissenschaft,
die tatsächlich sowohl in den anglistischen und romanistischen
Fremdsprachenphilologien als auch in der Germanistik eine lange Tradition
hat, wirft eine Reihe von Fragen auf, die nicht nur die Abgrenzung von
ebenfalls kulturorientierten Disziplinen wie den Sozial- und Geschichtswissenschaften
bzw. der Landeskunde als fremdsprachenphilologische Hilfswissenschaft
betreffen, sondern auch die theoretischen und methodischen Prämissen
literaturwissenschaftlichen Arbeitens: Worin besteht jenseits aller
fachpolitischen Argumentationen der wissenschaftliche Differenzierungsgewinn
der neuen Germanistik (als Kulturwissenschaft), welche neuen Erkenntnisse
lässt sie erwarten und welche Konsequenzen ergeben sich daraus
für die bisher praktizierten Ansätze?
Auf diese Fragen sucht die Sektion Antworten, indem sie zwei zentralen
Aspekten Rechnung trägt: Sie möchte wissenschaftsgeschichtlich
der Bedeutung fachspezifischer Traditionen und kulturwissenschaftlicher
Vorläufer gerecht werden, andererseits möchte sie nach der
Vielzahl unterschiedlicher Aspekte, der Projekthaftigkeit und der Prozessualität
der kulturwissenschaftlichen Wende fragen. Letztere hat nicht etwa ’eine’
neue Methode oder gar eine neue ’Superdisziplin’ hervorgebracht,
sondern einen neuen Diskurs, in dem die Vielzahl unterschiedlicher Ansätze
und Stimmen eine Vielfalt heterogener Positionen vertritt.
Zu diesem transdisziplinären, prozesshaften und diskursiven Charakter
an der kulturwissenschaftlich orientierten Auseinandersetzung mit Germanistik
möchten wir alle Interessierten herzlich einladen.
Wir hoffen, dass diese aktuelle Problematik die Interessierten zu
spannenden Beiträgen anregt, die kultur- und literaturwissenschaftliche
Probleme aus dem Bereich der Semantik, der Semiotik, der Theatertheorie,
der kulturwissenschaftlichen Xenologie, dem kulturellen Gedächtnis
(Erinnerungskulturen), der literarischen Anthropologie bzw. kultur-
oder medienwissenschaftliche Ansätze anzuschneiden.